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S. 119 Niemand möge mich schelten, weil ich in meinen Briefen bald jemanden lobe, bald einen anderen tadle. Wenn ich das Schlechte bekämpfe, so will ich dadurch andere bessern. Zolle ich aber den Besten Lob, dann sporne ich damit den Eifer der Guten zur Tugend an. Vorgestern habe ich dem Gedächtnis der seligen Lea 1 einige Worte gewidmet. Diese haben der zweiten Stufe der Keuschheit gegolten. 2 Heute kann ich dem Anreiz nicht widerstehen, einem anderen Einfall nachzugeben und einige Zeilen über eine Jungfrau zu schreiben. Ich muß in kurzen Worten das Leben unserer Asella schildern. Aber ich bitte Dich, zeige ihr diesen Brief nicht; denn sie würde schwer unter ihrem Lobe leiden. Lies ihn vielmehr den jungen Mädchen vor, damit sie sich nach ihrem Beispiel richten und in ihrem Wandel das Ideal des vollkommenen Lebens erblicken.
