[Vorwort]
Der vorliegende Brief, den Hieronymus bald nach seiner Ankauft in Rom geschrieben hat, ist den aszetischen Schriften zuzurechnen. Der Verfasser gibt ausdrücklich als Zweck an, jüngere Mädchen für das monastische Ideal zu gewinnen. Asella 1 hatte sich bereits im Jahre 344 unter dem Einfluß der durch den hl. Athanasius in Rom hervorgerufenen Begeisterung für das Mönchtum entschlossen, sich dem Herrn zu weihen. Sie stammte, wie das im Briefe erwähnte Traumbild andeutet, 2 aus einer für solche Ideale empfänglichen Familie. Das summarische Lebensbild führt uns eine edle, schlichte, kernige, zielbewußte Persönlichkeit vor Augen. Das Lob, das ihr Hieronymus spendet, ist einzigartig. Selbst schlechte Menschen wagen sich an ihre erhabene Person nicht heran, und das in der Stadt, in welcher die monastischen Kreise damals Spießruten laufen mußten. 3 Dies Lob ist ungewollt eine vorweggenommene Apologie seiner selbst; denn ein Mann, für den eine Asella sich einsetzt, kann gewiß nicht der schlechte Mensch sein, zu dem ihm seine Gegner stempeln wollten. Sie nahm sich des von vielen Verfolgten und Verlassenen an in der schwersten Stunde seines Lebens, 4 obwohl sie ihn vielleicht niemals zu Gesicht bekommen hatte. Ob Asella, die in den späteren Schriften des hl. Hieronymus, soweit sie uns erhalten sind, nicht mehr erwähnt wird, im Jahre 405, als Palladius nach Rom kam, noch lebte, ist nicht geklärt, seitdem feststeht, daß ihre Biographie in der Historia Lausiaca einer späteren Überarbeitung, nicht aber dem Original angehört 5
Da der Brief zwei Tage nach ep. 23 ad Marcellam verfaßt ist, so fällt er ebenfalls in das Jahr 384.
