1.
Das Altertum bewundert Marcus Terentius Varro, da er unter den Lateinern eine so außergewöhnlich große Zahl von Büchern geschrieben hat, daß sie gar nicht zu zählen sind. 1 Die Griechen erheben den Chalkenterus 2 in den Himmel, weil er so viele Werke verfaßt hat, daß keiner von uns imstande wäre, eine solche Zahl von Schriften fremder Autoren auch nur eigenhändig abzuschreiben. Es hat wenig Sinn, lateinischen Lesern ein Verzeichnis griechischer Werke vorzulegen. Hingegen will ich eine Anzahl der Schriften des Lateiners aufzählen, damit wir einsehen, daß wir den Schlaf des Epimenides 3 schlafen und die Mühe, welche diese Männer sich das Studium der weltlichen Wissenschaften kosten ließen, auf den Erwerb von Besitz verwenden.
Varro (116—27 v. Chr.) soll 74 Werke mit rund 620 Büchern geschrieben haben, von denen Hieronymus 38 namentlich aufführt (vgl. Schanz a. a. O. 556). ↩
Χαλκέντερος (der Mann mit den ehernen Eingeweiden) ist der griechische Grammatiker Didymus aus Alexandria (geb. 63 v. Chr.), dem 3500, ja selbst 4000 Schriften nachgesagt werden. ↩
Ein aus Kreta stammender halbmythischer Seher (6. Jahrhundert v. Chr.). Er soll in seiner Jugend fünfzig Jahre in der diktäischen Höhle am Ida geschlafen haben und mehrere hundert Jahre alt geworden sein. ↩
