5.
Begreift Ihr nun, daß dieser eine mit seiner Arbeitsleistung weit über den Griechen und Lateinern steht? Wer hat je nur soviel lesen können, wie er geschrieben hat? Und worin bestand der Lohn all dieses Schweißes? Er wurde vom Bischof Demetrius verurteilt. Abgesehen von den Priestern Palästinas, Arabiens, Phöniziens und Achajas stimmt die ganze Welt seiner Verurteilung zu. 1 Rom selbst vereinigt gegen ihn seinen Senat, nicht wegen der Neuheit seiner Lehre, nicht wegen einer Häresie, wie jetzt die gegen ihn kläffende Meute vorgibt. 2 Nein, man konnte den Ruhm seiner Beredsamkeit und seines Wissens nicht ertragen, da die anderen im Vergleich zu seiner Rednergabe stumm zu sein schienen.
Bischof Demetrius von Alexandrien, der Origenes um 204 zum Vorsteher seiner Katechetenschule gemacht hatte, strengte später einen Prozeß gegen ihn an wegen Verletzung der Kirchengesetze und wegen irriger Lehre. Origenes wurde im Jahre 231 auf einer Synode der Bischöfe Ägyptens und der Priesterschaft von Alexandrien vom Lehramt abgesetzt und aus der Stadt verwiesen. Eine kurz darauf einberufene zweite Synode entkleidete ihn des Priesteramtes. Diese Verurteilung wurde in einem Rundschreiben („epistula esifodorum“, vgl. S. 235 Anm. 5) den anderen Kirchen bekanntgegeben, die, abgesehen von den angeführten Ausnahmen, dem Urteil beitraten (B. II 109). ↩
Auch die römische Kirche trat dem Anm. 1 erwähnten Urteil bei. Hieronymus aber unterstellt hier dem „senatus“, d. i. der im Schlußsatze und Kap. 3 als ungebildet und nur auf weltliche Genüsse bedacht charakterisierten und in seiner Übersetzung der Schrift „De Spiritu Sancto“ des Didymus als „senatus pharisaeorum“ bezeichneten Gruppe römischer Kleriker, das Urteil nicht aus Sorge um die Reinhaltung der Lehre, sondern aus Neid auf den für sie unerreichbaren Ruhm des Origenes gefällt zu haben. Entschlossen, es dem gelehrten Griechen gleichzutun, scheint Hieronymus bei diesem Urteil auch an sich gedacht zu haben und an die Angriffe, denen er persönlich von seiten der rabidi canes ausgesetzt war, zumal ja im Schlußsatze ein versteckter Grund für die Abfassung des Briefes angedeutet wird. ↩
