2. Zweiter pseudoisidorischer Brief.
An alle Orientalischen Bischöfe.1
Fabianus, Bischof der Stadt Rom, (sendet) allen orientalischen Bischöfen und allen Gläubigen Gruß im Herrn.
Es ist unsere Pflicht, euere Anfragen zu beantworten. (c. 1.) „In euerem Schreiben nun finden wir unter Anderem bemerkt, daß einige Bischöfe euerer Gegend von euerer und unserer Ordnung abweichen, und nicht alljährlich am Gründonnerstage das Chrisma bereiten;“ sie sagen, man bekomme nicht jedes Jahr Balsam und es sei auch nicht nöthig, neues Chrisma zu machen, wenn noch altes übrig sei. „Denn, (Aber) die Solches sich ausdenken, irren und thun dieß mehr aus Aberwitz, als aus richtigem Verständniß. (c. 2.) Denn sowie die Feier jenes Tages selbst jährlich zu halten ist, so muß auch die Bereitung des Chrisma jedes Jahr geschehen und von Jahr zu Jahr erneuert und den Gläubigen gegeben werden. weil es ein neues Sacrament ist und deßhalb ist es jedes Jahr und zwar am genannten Tage zu erneuern und das alte in den Kirchen zu verbrennen. So haben wir es von den hl. Aposteln und deren Nachfolgern überkommen und befehlen wir euch es zu beobachten.„ 2 So halten es die Kirchen in Rom, Antiochien, Jerusalem und Ephesus, in welchen die Apostel als Bischöfe es also angeordnet haben; wer also dagegen handelt, verdient keine Nachsicht. (c. 3.) Überhaupt müssen wir auf Alles sorgfältig achten, was den Gottesdienst und die Behandlung der zu Taufenden betrifft. (c. 4.) „Ferner berichtet ihr, daß sehr Viele bemerken, daß viele in den kirch- S. 355 lichen Würden (Stehende) nicht den Lehren und Geheimnissen gemäß leben, welche durch sie dem Volke gespendet werden. O der Unseligen, welche auf diese schauen, Christum aber vergessen, welcher schon längst vorher lehrte, daß man vielmehr dem Gesetze Gottes gehorchen müsse, als Jene nachahmen, welche, was sie lehren, nicht thun, der auch seinen Verräther duldete und bis an's Ende mit den Übrigen das Evangelium zu verkünden schickte. Denn die Apostel haben eine solche Gewohnheit nicht beobachtet noch zu beobachten gelehrt.“ 3 (c. 5.) „Demnach haben schon die Apostel und ihre Nachfolger verordnet, daß Verdächtige oder Feindselige oder Übelberüchtigte und Ehrlose zur Klage nicht zugelassen werden dürfen; daß auch Priester Diejenigen nicht anklagen [noch gegen jene zeugen]4 dürfen oder können, welche ordentlicher Weise nicht Priester werden können und auch nicht diese Weihe haben.„ 5 „Denn wie die Priester und übrigen Kleriker von der Anklage gegen Weltliche und Laien ausgeschlossen sind, so sind auch Diese von der Anklage gegen Jene auszuschließen und fernzuhalten; und so wie Diese von Jenen, so sollen auch Jene von Diesen nicht angenommen werden, weil, sowie das Leben der Priester des Herrn von dem (Leben) Jener getrennt sein muß, so auch deren Streitigkeiten, weil ein Diener Gottes nicht streiten darf.“6 (c. 6.) Solche Anklagen und Feindseligkeiten verhindert mit allen Kräften; tröstet und liebet alle Brüder. (c. 7.) Denn wenn schon in weltlichen Dingen Recht und Ordnung gewahrt werden muß, um wie viel mehr in kirchlichen. (c. 8.) „Dazu also hat Gott euch und Alle, welche das Hohepriesterthum bekleiden, verordnet, daß ihr Ungerechtigkeiten fern haltet, Übergriffe verhindert, die im Priesterthume Arbeitenden unterstützet, sie nicht in Schmach und S. 356 Unglück lasset, vielmehr den, welcher Verleumdung oder Schmach erduldet, schützet; Jenen aber, welcher Schmähung und Klage vorbringt, ausschließet und dem Herrn und seinen Priestern Hilfe bringet,„7 (c. 9.) Schon im A. B. hat Gott sich die Priester und Leviten zu seinem Dienste und seinem Eigenthume auserwählt; Alles aber, was Gott gehört, ist mit aller Vorsicht und Furcht zu behandeln; deßhalb können Menschen über Jene nicht richten, welche Gott sich vorbehalten hat. (c. 10.) Jene aber, die solche Sünden begehen, von denen der Apostel sagt, „„daß Diejenigen, welche Solches thun, das Reich Gottes nicht erlangen werden,“„ müssen sehr gemieden und zur Besserung, wenn sie selbst nicht wollen, gezwungen werden, weil sie mit der Makel der Ehrlosigkeit befleckt sind und dem Untergange anheim fallen, wenn ihnen nicht mit priesterlicher Auctorität geholfen wird, deßgleichen Jene, von welchen er (der Apostel) sagt: Mit solchen Menschen (dürft ihr) nicht einmal essen, weil sie als ehrlos gebrandmarkt sind, bevor sie nicht durch priesterliche Auctorität geheilt und in den Mutterschooß der heil. Kirche wieder aufgenommen sind; denn, die ausser uns sind, können mit uns nicht Gemeinschaft haben.“8Schwerer als jede noch so große Last ist ein unkluger, thörichter und gottloser Mensch zu ertragen. (c. 11.) Deßhalb haben die Apostel und ihre Nachfolger die Anklagen gegen Priester theils ganz verboten, theils sehr erschwert und verordnet, daß die Bischöfe von ihren Stühlen oder Kirchen nichte vertrieben werden dürfen.„ (c. 12.) Wäre dieß dennoch geschehen, „so muß ihnen, bevor sie zur Synode gerufen werden, ihr Posten und Alles zurückgegeben werden;“ dann erst dürfen sie nicht vor Jedermann, sondern vor selbstgewählten Richtern sich verantworten und ihnen dazu genügend Zeit gelassen werden: „Denn es ist durchaus unzulässig, S. 357 daß gegen sie, solange ihre Güter oder Kirchen und Besitz von Nebenbuhlern oder wem immer mit Beschlag belegt sind, Etwas vorgebracht werden darf und Niemand sei er Vorgesetzter oder Untergebener, darf gegen sie Klage führen, so lange sie ihrer Kirchen oder ihres Eigenthums oder ihrer Rechte beraubt sind.„9(https://bkv.unifr.ch/works/266/versions/287/scans/c. 13.) Deßgleichen ist verordnet und „verordnen auch wir, daß, wenn ein Kleriker seinem Bischofe feindlich gesinnt ist oder ihm Nachstellungen bereitet und ihn anzuklagen versucht oder (gar) sich gegen ihn verschworen hat, derselbe sogleich (noch) vor der Prüfung des Urtheiles vom Klerus entfernt und dem (weltlichen) Gerichtshofe übergeben werde, dem er lebenslänglich untergeben bleibt, wie er auch ohne alle Hoffnung auf Wiedereinsetzung für immer als Ehrloser gilt.“10 (c. 14.) Auch vermesse sich Niemand, Kläger und Richter oder Zeuge zugleich zu sein, weil bei jedem Gerichte stets vier Personen zugegen sein müssen, nemlich gewählte Richter, geeignete Kläger, [entsprechende] Vertheidiger und [rechtmäßige] Zeugen; [die Richter sollen billig, die Zeugen wahrheitsgetreu sein, die Kläger die Erweiterung, die Vertheidiger die Verringerung des Streitfalles beabsichtigen].11„ Nie soll der Hirte von seinen Schafen, ausser wenn er im Glauben geirrt hat, zurechtgewiesen werden; solche Anmaßung ist bei Gott verhaßt; Solche trifft die Strafe Chams. (c. 15.) Hat er im Glauben geirrt, so werde er zuerst in Geheim von den Seinen ermahnt und erst, wenn er unverbesserlich erfunden wird, dem Primas oder dem apostolischen Stuhle angezeigt. „Wer aber den allmächtigen Gott fürchtet, wil- S. 358 liget nie ein, Etwas gegen das Evangelium oder die Apostel oder Propheten oder die Einrichtungen der heiligen Väter zu thun.“12 (c. 16.) Fürchte Gott und ehre seine Priester u. s. w. Dieß nun wollen wir nicht nur euch, sondern durch euch Allen kundmachen, auf daß wir Alle Eins seien in Christo. (c. 17.)
Auch überschrieben: Brief des Papstes Fabian, daß das Chrisma alle Jahre zu bereiten ist. ↩
4. Decret. cf. D. III. c. 18. de consecr. (c. 46 conc. Meldens. a. 845, Hefele IV. S. 109.) ↩
5. Decret. cf. C. I. qu. 1, c. 85. (S. August. serm. 351. de util. agend. poenit. I. n. 11.) ↩
Nur bei Gratian. ↩
6. Decret. cf. C. II. qu. 7, c. 38. (c. 18 Angilramni.) ↩
7. Decret. cf. C. II. qu. 7, c. 6 (Ben. III. 211.) ↩
8. Decret. cf. C. III. qu. 1. c. 6. (Ben. III. 446.) ↩
9 Decret. cf. C. VI. qu. 1. c. 3. (Gal. 6, 21. c. 96. conc. Afric., cf. Mansi III. p. 826.) ↩
- Decret. cf. C. III. qu. 1, c. 2, wo, wie hier ersichtlich, der Text des Originals theils abgekürzt, theils erweitert ist. (Ben. III. 116.)
- Decret. cf. C. XI. qu. 1, c. 31. (epit. cod. Paris suppl. lat. 150 ad c. 5. leg. rom. Visig. cod. Theod. XVI. 1.)
- Decret. cf. C. IV. qu. 4, c. 1, das in [] Eingeschlossene ist auch hier von Gratian; (epit. Aegyd. ad c. un. C. Theod. II. 2.)
- Decret. cf. C. XI. qu. 3, c. 95. (Greg. M. ep. 5. 43.)
