1. Erster pseudoisidorischer Brief.
Priester dürfen nicht (durch Anklagen) beunruhigt, von denselben nicht Schriften durch Furcht oder Betrug abgefordert werden; das Leiden des Herrn ist in der Consecration seines Leibes zu vereinigen,1 Wasser mit Salz für das Volk zu weihen, und über den Gedanken an die heilige Dreieinigkeit.2
Alexander, der Bischof, an alleRechtgläubigen, in den verschiedenen Provinzen Christo dem Herrn dienen.
Die Erinnerung an das göttliche Gericht und die schwere S. 196 Verantwortung bewegen den Papst, über ihm bekannt gewordene Mißbräuche seine Stimme zu erheben. (c. 1.) Priester des Herrn anzuklagen und zu verfolgen, ist strafwürdig. (c. 2.) „Auch das ist an diesen heiligen Stuhl berichtet worden, was zu sagen eine Schande ist und nicht bloß dem Priester-, sondern überhaupt dem Christen-Namen widerspricht, daß nemlich Einige die Bischöfe oder Priester durch Furcht oder Gewalt zwingen oder durch Betrug verleiten, gewisse Bekenntnißschriften nach einer anderen Seite hin, als sie sollten, zu verfassen, entweder um eine Untersuchung ihrer Angelegenheiten zu verhüten oder, was noch schlechter ist, zu Gunsten eines fremden Irrthums dieselben mit eigener Hand zu bekräftigen, dem Volke vorzulesen und zu bekennen; Einige, sagt man, seien in Kerkern und Gefängnissen eingeschlossen, damit die Priester des Herrn, wenigstens durch solche Nachstellungen geschreckt, vom Wege abweichen und ihren Lüsten willfahren.„ 3 (c. 3.) „Überdieß ist an diesen höchsten, heiligen und apostolischen Stuhl, dem die Ordnung der wichtigsten Rechtsfälle und die Angelegenheiten aller Kirchen als dem Haupte vom Herrn selbst übergeben wurden, indem er zu dem Apostelfürsten Petrus sprach: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen,’ 4 berichtet worden, daß gewisse Nebenbuhler Christi und Feinde seiner heiligen Kirche sich vermessen, die Priester Gottes bei den öffentlichen Richtern anzuklagen, da doch der Apostel verordnet, daß die Angelegenheiten der Christen vor die Kirche gebracht und daselbst entschieden werden sollen. ‚Solche Frevler freveln gegen ihren Gott’ 5 und versagen seinen Geboten den Gehorsam.“6 Solche Undank- S. 197 bare aber wird der Herr nach dem Propheten Oseas von seinem Angedichte verstoßen. (c. 4.) Auch jene Geistlichen un Laien versündigen sich sehr schwer, welche ihre Bischöfe oder Priester sogleich bei ihren Vorstehern anklagen, ohne vorher einen Vergleich mit ihnen versucht zu haben. „Ohne Zweifel werden die, welche sie (die Bischöfe und Priester) verfolgen und ungerecht gegen die apostolische Anordnung zu entfernen suchen, wenn sie auch vor dem Tode geschützt sind durch das Wort des Herrn:7 ‚Ich will nicht den Tod des Sünders, sondern daß er sich bekehre und lebe,’ dennoch mit ewiger Schmach gebrandmarkt und mit einer der Verdammung ähnlichen Strafe8 belegt, über welche wir von den Zeiten der Apostel her und später die Bestimmung haben: Jenen verschließen wir den Mund zur Klage oder Zeugenaussage gegen Bischöfe, von welchen wir wissen, daß sie nicht durch menschliches, sondern göttliches Gericht (als) Todte (erklärt) sind.„9 Gott selbst wird sich an Jenen rächen, welche ihn in der Person seiner Diener angreifen. (c. 5.) Mit Solchen muß jeder Umgang vermieden werden, wie schon Petrus bei der Ordination des Clemens aufforderte. (c. 6.) „Wenn von solchen (Priestern und Bischöfen) gewisse Schriftstücke wie immer durch Furcht oder Betrug oder Gewalt erpreßt worden wären oder dieselben, damit sie sich befreien könnten, in welchem Geiste immer von ihnen verfaßt und bekräftiget worden wären, sollen sie ihnen weder Präjudiz noch Schaden bringen, noch irgend eine Entehrung oder Beschimpfung oder Vorenthaltung ihres Eigenthums, nach der Anordnung des Herrn und der heil. Apostel und ihrer Nachfolger. Das Bekenntniß aber darf in S. 198 solchen Fällen nicht erzwungen, sondern es soll freiwillig sein [denn jede Aussage, die aus Zwang geschieht, ist kein glaubwürdiges Zeugniß]10 nach dem Zeugnisse dessen, welcher sagt:11 ‚Aus dem Herzen kommen Mord, Ehebruch, Unzucht, Gotteslästerung’ und Anderes dergleichen. Auch ist nicht so sehr darauf zu achten, was geschieht, als darauf, in welcher Absicht es geschieht. (Kain und Abel; bei verschlossener Thüre beten.) Gott aber sieht mehr auf die Gedanken und auf die freien Willensacte, als auf jene Handlungen, welche aus Einfältigkeit und Noth verrichtet werden. Das Bekenntniß also soll in solchen Fällen nicht erpreßt, sondern vielmehr aus freien Stücken abgegeben werden, denn es ist sehr böse, Jemand wegen eines Argwohnes ode erpreßten Bekenntnisses zu richten, da der Herr vielmehr das Herz als das Werk ansieht. Es kann aber der nicht durch menschliches Gericht verurtheilt werden, welchen Gott seinem Gerichte vorbehalten hat; denn wenn Alles hier auf Erden gestraft werden würde, so wären Gottes Gerichte überflüssig.“12 (c. 7.) „Wenn aber Jemand gegen den Bischofe oder die Diener der Kirche irgend eine gerechte Klage zu haben glaubt, so gehe er nicht früher zu den Obervorsteher oder anderen Richtern, bevor er nicht Jene, von welchen, er sich verletzt glaubt, vertraulich besucht, nicht einmal, sonder sehr häufig, damit er von ihnen entweder sein Recht oder eine gerechte Entschuldigung erhalte. Hat er aber anders gehandelt, so soll er von ihnen selbst und von den Anderen aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden als ein Verächter der Apostel und übrigen Väter.„13(https://bkv.unifr.ch/works/266/versions/287/scans/c. 8.) „Auch bei den Opfergaben, welche bei der Feier der Messe dem Herrn dargebracht werden, ist das Leiden des Herrn zu ver- S. 199 vereinigen,14damit das Leiden Desjenigen gefeiert werde, dessen Leib und Blut bereitet wird, so daß mit Verwerfung abergläubischer Meinungen nur Brod und mit Wasser gemischter Wein beim Opfer dargebracht werde. Denn es darf nicht, wie wir von den Vätern gehört haben und die Vernunft selbst es lehrt, in dem Kelche des Herrn entweder Wein allein oder Wasser allein geopfert werden, sondern gemischt, weil, wie erzählt wird, beides aus seiner Seite bei seinem Leiden geflossen ist.“ 15 (Einsetzung des.Geheimnisses; Früchte desselben; das Leiden des Herrn soll bei der Messe oft erwähnt werden.) "Denn keines unter den Opfern kann größer sein als der Leib und das Blut Christi, noch ist irgend eine Opfergabe vorzüglicher, sondern diese übertrifft alle. Sie soll daher mit reinem Gewissen dargebracht und mit reinem Geiste empfangen und von Allen verehrt werden; und wie sie die vorzüglichste von allen ist, so soll sie auch vor allen am meisten verehrt und hochgeschätzt werden.„ 16Wasser mit Salz vermischt weihen wir für das Volk, damit Alle, welche sich damit besprengen, geheiliget und gereiniget werden, was wir auch Priestern zu thun befehlen. Denn wenn die Bestreuung mit der Kuhasche das Volk heiligte und reinigte, so heiliget und reiniget das Volk noch viel mehr die Besprengung mit Wasser, das mit Salz gemischt und durch göttliches Gebet geweiht ist. Und wenn durch die Bestreuuung mit Salz durch den Propheten Elisäus die Unfruchtbarkeit des Wassers geheilt wurde,17um wieviel mehr benimmt das durch göttliche Gebete geheiligte (Wasser) die S. 200 Unfruchtbarkeit der menschlichen Sachen und heiliget und reinigt die Befleckten und vervielfältigt die übrigen Güter und verscheucht die Nachstellungen des Teufels und bewahrt den Menschen vor den Trugbildern der Phantasie!“ 18Auch die übrigen Mittel, welche Gott zur geistlichen und leiblichen Hilfeleistung der Menschen verordnet hat, sollen die Priester gebrauchen. (c. 9.) Die Einheit der drei göttlichen Personen wird aus vielen Stellen der hl. Schrift, besonders des A. T. bewiesen.19 Schlußermahnungen zur Flucht der Welt und zum Dienste Gottes; die Reichen sollen sich nicht durch schlechten Gebrauch ihrer Güter den Zorn Gottes zuziehen, die, welche Unrecht erleiden, mögen sich hierüber erfreuen. (c. 10.)
Diese unklare und schwer zu übersetzende Stelle findet im 9. Capitel ihre Erklärung. ↩
Eine andere, deutlichere Uberschrift lautet. Brief des hl. Papstes Alexander, daß Ehrlose und Verbrecher zur Anklage (gegen Personen) der hl. Weihen nicht zuzulassen seien, und was auf dem Atare geopfert werden solle, und über die Kraft des geweihten Saltzes und Wassers und über die Einheit der Dreifaltigkeit und eine sehr nothwendige Ermahnung über die heil. Schrift (diese letztere aber fehlt). ↩
1. Decret. cf. C. XV. qu. 6, c. 1. (unbestimmt): dieses Stück ist ein Theil des umfangreichen, von Gratian aus diesem und dem 7. Cap. in theilweise Verkehrung der Ordnung zusammengestellten Decretes. ↩
Matth. 16, 18. ↩
Jes. 24, 16. ↩
2. Decret. cf. C. XI. qu. 1, c. 14 (Innoc. I. ep. ad Felic. Nucer. et ep. ad Victor. Roth. c. 3, conc. Carth. III. a. 397, c. 9, in fin.) ↩
Ezech. 23, 11. ↩
So übersetzte ich exilium finitimum: ein Solcher war nicht förmlich verbannt, aber wie ein Verbannter, weil von allem Verkehre ausgeschlossen, wie im Folgenden näher gesagt wird. ↩
3. Decret. cf. C. III. qu. 4, c. 9. (Lex visig. 1. II. t. 4, c. 7 v. Walter corpus Juris germ. ant.I. p. 454). ↩
Dieser Satz ist von Gratian hinzugefügt. ↩
Matth. 15, 9. ↩
Gehört zum 1. Decret. (die zwei letzten Sätze aus Ben. III. 259, 373 und Ennodii ep. II. 19). ↩
4. Decret. cf. C. II. qu. 7, c. 16 (nach c. 17 conc. Aurelian. V. a. 549 s. Hefele III. S. 4 ). ↩
D. h. die Opfergaben sollen so beschaffen sein, daß sie der DarstelIung des Leidens und Sterbens Christi entsprechen, daß sich mit ihnen die Thatsachen des Leidens in Einklang bringen lassen. ↩
5. Decret. cf. D. II. c. 1 de consecr. (aus dem Pontificalbuche). ↩
6. Decret. cf. D. II. c. 8 de consecr. (unbestimmt). ↩
IV. Kön. 2. 20. ↩
7. Decret. cf. D. III. c. 20 de consecr. (cf. Conc. Tribur. a. 895, wo diese Anordnung dem Papste Evaristus zugeschrieben wird; Hefele Conc. IV, S. 533). ↩
