8.
S. 64 Der selige Pûsai sprach: „Herr, König, was habe ich gesagt, daß ich deshalb des Todes schuldig bin?„ Der König sprach: „Zuerst, was du zu jenem zum Tode verurteilten Nazarener sagtest, der fürchtete und meinen Willen tun wollte, wie der Großmagier berichtete.“ Der selige Pûsai sprach: „In Ewigkeit lebe, guter König. Der Magier sage, was er von mir gesagt, daß ich es höre, wenn deine Herrschaft befiehlt.„ Der König befahl dem Großmôpêt, was er zuvor als Worte des Pûsai berichtet, zu erzählen. Dieser stand auf und sprach: „Guter, in Ewigkeit lebender König, dessen Reich in Ewigkeit dauert. Gestern standen ich und die Eunuchen, die von deiner Majestät geschickt waren, mit vielen Magiern an dem Orte, wo jene Christen genannten Zauberer getötet wurden, um zu sehen, ob sie aus Todesfurcht schwach würden und des Königs Willen täten. Als man nun einen Greis auszog und band, zitterte sein Leib, und vielleicht hätte er auch den Willen deiner Majestät getan, wenn er ihn nicht ermutigt hätte. Aber plötzlich schrie er aus dem dort stehenden Gedränge: Sei stark und fürchte nicht; schließe deine Augen ein wenig und du siehst das Licht Christi. Als ich das, o König, hörte, wünschte ich, daß die Erde ihren Mund geöffnet und mich verschlungen hätte, statt daß ich das von ihm hörte. Denn es ist Schimpf und Schande für das ganze Land der Helden1 und den ganzen Stand (τάγμα) der Magier, da niemand ihn für einen Nazarener hielt, sondern jedermann glaubte, er sei ein Magier. Ich neigte aus Scham mein Haupt zur Erde.“ Der König sprach zum seligen Pûsai: „War es so, wie der Großmagier sagt?„ Der herrliche Pûsai sprach: „Es war so, guter König; ich sagte so zu jenem Gerechten. Aber in einem Punkte lügt der Magier, da er sagt, jener Greis habe den Willen des Königs tun wollen. Es sei ferne, daß solches bei einem wahren Christen gefunden werde. Sein Leib war schwach, nicht sein Geist.“ Der König sprach: „Du des Todes Schuldiger und der Zerschmetterung Würdiger, was sprichst du mir von dem Willen jenes? Du hast also das zu ihm gesagt?„ Der mutige S. 65 Pûsai sprach: „Gewiß habe ich es zu jenem Gerechten gesagt, weil ich sein Glaubensgenosse bin und seine Gottesliebe unterstütze. Wenn ich länger in dieser Welt lebe, so werde ich zu jedem, der im Christentum getötet wird, solches sagen, ihn ermutigen und stärken.“ Der König sprach: „Wenn du am Leben gelassen wirst, so kannst du noch mehr als dieses sagen.„ Der herrliche Pûsai sprach: „Ich schulde dir Dank, guter König, wenn du mir diese Gnade erweisest und dieses Geschenkes mich würdigest. Wenn aber deine Majestät sagt: ,wenn du am Leben gelassen wirst, so kannst du noch mehr als dieses sagen‘, so wird gewiß dieses mein Wort nach meinem Tode noch mehr an alle Christenohren klingen.“ Der König sprach: „Du des Todes Schuldiger und böser Hinrichtung Würdiger, antworte auf das, was du gefragt wirst.„ Der herrliche Pûsai sprach: „Der König spreche und ich, sein Knecht, werde auf jede Frage antworten.“ Der König sprach: „Bösewicht, der du nicht verdienst zu leben, gab ich dir nicht Ehre und sendete ich dich in meinen, der Götter, Dienst?„ Der Christus liebende Pûsai sprach: „Ja, guter König, gewiß wurde ich von deiner Majestät geehrt und erstieg eine vergängliche Stufe in dieser Welt, die ich nicht verdiene und die mir, dem Geringsten, dem Abschaum deiner Knechte, nicht zusteht. Ich ging auf Befehl deiner Majestät an das von dir befohlene Werk deiner Herrschaft. Als ich fortging, sah ich ein wunderbares Schauspiel; ich blieb stehen und ging nicht weiter, da das Werk Gottes mich zurückhielt.“ Der König sprach: „Was sahst du für ein wunderbares Schauspiel?„ Der herrliche Pûsai sprach: „Was für ein Schauspiel ist wunderbarer als eine Schar von Gerechten, die nicht Sünde, noch Böses, noch irgend Tadelnswertes getan, die auf ihre Hoffnung auf Gott hin sich töten lassen, die Welt und ihre Freuden verachten, dich, starker König, vor dem alle Völker zittern, nicht fürchten, vor deinem Befehle, der das Herz starker Majestäten beben macht, nicht erschrecken, das blitzende Schwert verachten, die furchtbare Hinrichtung geringschätzen und bloß den Einen lieben, der allein der Gott der Wahrheit ist.“ Der König sprach: „Unverständiger, ist das ein wunder- S. 66 barer Anblick, stehen zu bleiben, um Toren sterben zu sehen?„ Der herrliche Pûsai sprach: „Herr der Könige, lästere nicht die Diener Gottes. Denn wären sie Toren, so wären sie nicht für ihren Gott gestorben. Denn daraus, daß sie für ihren Gottesglauben starben, geht hervor, daß auch in ihrem Leben ihnen Mühe und Arbeit für die Liebe ihres Gottes am Herzen lag.“
Vgl. Nr. 12. ↩
