15.
S. 169 Julians unmittelbarer Nachfolger in der Regierung (Jovian) wurde noch im Lager selbst, als die höchste Gefahr einen Führer erheischte, ausgerufen. Er war ein Mann, der sich u. a. durch Frömmigkeit und in seinem äußeren Erscheinen auszeichnete und tatsächlich den Thron verdiente. Doch vermochte er keineswegs sich mit den Persern in einen Kampf einzulassen und vorwärtszukommen. Obwohl es ihm an Tapferkeit und gutem Willen nicht fehlte, plante er, da das Heer keine Kraft und keine Hoffnung mehr hatte, den Rückzug. Da er nicht eine Macht, sondern eine Niederlage erbte, suchte er wenigstens mit heiler Haut davonzukommen. Wenn sich nicht die Perser, welche dazu erzogen waren, im Glücke Maß zu halten, in ihrer Siegesfreude gemäßigt oder sich nicht ängstlich infolge sonstiger Gerüchte zu solch unerwartet günstigen Verhandlungen herbeigelassen hätten, hätten sie von dem Heere nicht einmal ― wie man zu sagen pflegt ― den Feuerträger1 übriggelassen. Die Perser hätten nämlich dieses ganz in ihrer Hand gehabt, da sie in ihrem eigenen Lande kämpften und durch die Ereignisse gehoben waren. Gute Erfolge stärken ja die Hoffnung. Nun aber lag, wie gesagt, Jovian alles daran, das Heer zu retten und den Römern die Macht zu erhalten; denn das Heer war eine Macht, da es ja nicht schlecht gehandelt hatte aus Feigheit, sondern vielmehr durch die Unüberlegtheit ihres Generals. Die Perser schlossen die Verträge ab, welche so schmählich und ― um es kurz zu sagen ― der römischen Herrschaft unwürdig waren. Wenn einer Julian von der Schuld an den Verträgen freispricht, Jovian aber die Schuld daran zuschreibt, dann versteht er wohl absolut nichts von dem, was sich damals zugetragen hatte. Die Ähren gehören doch nicht dem, der erntet, sondern dem, der sät. Und an einem Brande hat nicht der die Schuld, welcher ihn nicht löschen kann, sondern der, welcher ihn gestiftet hat. Es ist am Platze, an das Wort, das Herodot in seinem Berichte über die Herrschaft der Samier geschrieben hat, zu erinnern: S. 170 „Histiaeus hat diesen Schuh genäht, Aristagoras hat ihn angezogen als Nachfolger seines Vorgängers2.“
