20.
Was soll ich von seinen Rechtsverdrehungen und Rechtsbeugungen sagen? Oft genügt eine einzige Nacht, um das Recht umzuändern und zu verdrehen. Gerechtigkeit war ihm wie Ebbe und Flut. Da der hochgeborene Julian aus Ehrgeiz alles an sich riß, wollte er sich nämlich auch mit Rechtsprechung abgeben. Vielleicht erwecke ich den Schein, als ob ich nur recht unbedeutende Fehler ihm zum Vorwurf mache und als ob ich durch solch kleinliche Vorwürfe das Schlimmste in den Hintergrund stellen möchte. Auf jeden Fall muß man zugeben, daß Julians Taten nicht die Gefilde des Elysiums verdienen, auch nicht den Ruhm, welchen dort Rhadamanthys genießt, an welchem Julian aber seine Genossen und Kollegen teilnehmen lassen. Nur eines will ich noch staunend erwähnen. Er ließ sich nämlich alles daran gelegen sein, zahlreiche Bekannte und Freunde vor allem aus der Zeit seines Aufenthaltes in S. 173 Asien zu wunderbaren Leistungen einzuladen und sie in ihren Hoffnungen durch Erinnerung an gegebene Versprechungen zu stärken. Als sie aber erschienen waren, lautete das Urteil anders und waren die Augen enttäuscht. Über die einen machte er sich auf diese, über die anderen auf jene Weise lustig1. Manche hatte er ehrend zur Tafel gezogen. Aber obwohl er ihnen fleißig mit dem Rufe „Freund!“ zutrank und statt anderer Lockmittel seine geschwätzige Zunge benützte, entließ er sie, ohne daß sie etwas von ihm hatten. Nun wußten sie nicht, ob sie mehr ihm wegen seiner Falschheit oder sich selbst wegen ihres Leichtsinnes Vorwürfe machen sollten.
Die Handschriften überliefern: τοὺς μὲν τοὺς δὲ τὸν τρόπον τοὺς δὲ τὸν διαπαίζων [tous men tous de ton tropon tous de ton diapaizōn]. Ich lese: τοὺς μὲν τόνδε τὸν τρόπον, τοὺς δὲ τόνδε διαπαίζων [tous men tonde ton tropon, tous de tonde diapaizōn]. ↩
