26.
Als ein fremder König mit großer Heeresmacht gegen den jüdischen König Ezechias zog, Jerusalem belagerte und scharfe, sündhafte, lästernde Worte gegen den König und gegen Gott selbst ausstieß, gerade als hätte dieser keineswegs die Kraft gehabt, die Stadt aus seiner Gewalt zu befreien, ging Ezechias in den Tempel, zerriß sich die Kleider und erinnerte unter Strömen von Tränen mit zum Himmel gestreckten Händen Gott an die Lästerungen des Senacherib mit der Bitte, seine frechen Drohworte zu strafen. „O Herr, ― rief er ― du hast es gesehen, wie sehr der Fremde dich, den Gott Israels, geschmäht hat. Du hast es gesehen, o Herr, schweige nicht!“ Und des Ezechias Bitte wurde nicht abgeschlagen. Der, welcher gegen Gott kämpfte, erkannte tatsächlich seine eigene Verwegenheit und zog mit seinen Drohungen unter dem plötzlichen Einfluß einer unsichtbaren Gewalt unverrichteter Dinge wieder ab. Einen großen Teil seines Heeres büßte er ein. Wegen einer bitteren Kunde, welche unerwartet die Belagerung und seine Hoffnungen vereitelte, mußte er seine Position aufgeben1. Solche Worte sprach Ezechias, der von starker Macht umgeben war, der König des großen Jerusalem, der wohl auch mit eigener Kraft hätte den Feind verdrängen können. Wir aber, deren einzige Waffe, Mauer und sonstiger Schutz die Hoffnung auf Gott ist, S. 177 da uns jede menschliche Hilfe vollständig genommen und abgeschnitten ist, wen haben wir, daß er auf unsere Bitte höre und die Drohungen abwende, außer Gott, der „bei dem großen Israel schwört2“? O die unverlässigen Erzählungen! O die kühnen Erwartungen! Statt eines anderen Opfers hatte man uns den Dämonen geweiht. Aber wir, das große Erbe Gottes, „das heilige Geschlecht, das königliche Priestertum3“, sind der Kampfpreis geworden, der allein erwartet werden darf, der Siegespreis im einen Kriege.
