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[Forts. v. S. 174 ] Den Charakter Julians lernte man kennen auf Grund der Erfahrungen in der Zeit, da er sich in seiner Herrschaft frei fühlte; allerdings mir war er in mancher Beziehung schon längst bekannt, da ich mit ihm in Athen zusammengekommen war. Ein doppelter Zweck hatte ihn dorthin geführt. Der eine, ehrenwerte, war, Griechenland und seine Bildungsstätten zu besuchen. Der andere, geheimnisvolle und wenig bekannte, war, sich von dortigen Priestern und Betrügern in ihre Geheimnisse einweihen zu lassen; denn seine Gottlosigkeit war noch nicht offene Wege gegangen. Ich habe mir damals von dem Manne kein unrichtiges Bild gemacht, obwohl ich ja nicht zu seinen Vertrauten gehört hatte. Sein anormales Benehmen und seine ganz eigenartige Erscheinung ließ mich über ihn prophezeien; wer gut beobachtet, dürfte ja der beste Prophet sein. Keinen guten Charakter schien mir zu verraten sein wenig fester Nacken, seine zuckenden, schaukelnden Schultern, seine leidenschaftlichen, unruhigen Augen, sein aufgeregter Blick, sein nervöser, unsicherer Gang, seine Nase, die Hochmut und Geringschätzung zeigte, sein verächtlicher Gesichtsausdruck, der die gleiche Gesinnung verriet, sein ungezügeltes, erschütterndes Lachen, sein unbegründetes Zunicken und Abweisen, sein stockendes, durch Atmen unterbrochenes Sprechen, sein ungeordnetes, törichtes Fragen, seine nicht besseren Antworten, welche sich widersprachen und Klarheit, Konsequenz und Bildung vermissen ließen.
