20.
„Nicht rühme sich der Weise seiner Weisheit, sagt der Prophet1, noch der Reiche seines Reichtums, noch der Starke seiner Kraft,“ mögen sie auch den Gipfel der Weisheit oder des Reichtums oder der Macht erstiegen haben! Ich will noch die weiteren Mahnungen beifügen: Nicht rühme sich der Berühmte seines Ruhmes, nicht der Gesunde seiner Gesundheit, nicht der Schöne seiner Gestalt, nicht der junge Mensch seiner Jugend, nicht ― um es kurz zu sagen ― rühme sich einer in dem, was der Welt rühmenswert erscheint! „Wer sich rühmt, rühme sich allein Gott zu kennen2“ und ihn zu suchen, mit den Leidenden Mitleid zu haben und sich Schätze für die Zukunft zu sammeln! Während das Übrige unbeständig und vergänglich ist und wie im Würfelspiel bald diesem, bald jenem zufällt und keiner es so sehr besitzt, daß er es nicht mit der Zeit oder infolge von Mißgunst verlieren könnte, sind diese S. 289 Vorzüge beständig und bleibend, ohne jemals im Stiche zu lassen und zu entschwinden und die Hoffnungen zu täuschen. Alle irdischen Güter scheinen mir deshalb unverlässig und undauerhaft zu sein, damit wir nach einer ― wenn irgendwo, gerade hierin ― trefflichen Einrichtung des schöpferischen Logos und der alle Vernunft übersteigenden Weisheit durch die sichtbaren Dinge, wenn sie bald diesen, bald jenen Wechsel erleiden, sich auf und nieder bewegen und drehen und, noch ehe sie erfaßt werden, schon wieder entrinnen und entfliehen, verhöhnt und verspottet werden und durch Erkenntnis ihrer Unbeständigkeit und Unsicherheit uns veranlaßt sehen, uns der Zukunft zuzuwenden. Hätte unser Glück Bestand, was wäre denn die Folge gewesen, da wir ja doch, trotz der Unbeständigkeit des Glückes, schon so sehr an ihm hängen und uns von den Freuden und Täuschungen des Glückes so sehr knechten lassen, daß wir dieses Leben für das beste und höchste halten, obwohl wir doch gelernt haben und es glauben, daß wir nach Gottes Ebenbild, das im Himmel ist und zu sich hinaufzieht, erschaffen worden sind.
