38.
Der Herr sagt: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit finden1.“ Barmherzigkeit ist nicht die geringste unter den Seligkeiten. Und selig ist, wer Verständnis hat für den Dürftigen und Armen2“. Und „selig der Mann, der sich erbarmt und gibt3“. Und „den ganzen Tag erbarmt sich der Gerechte und leiht aus4“. Reißen wir den Segen an uns, lassen wir uns als verständig bezeichnen, seien wir milde! Selbst die Nacht soll dich nicht im Gutestun unterbrechen. Sage nicht: „Komme wieder, morgen werde ich dir geben5!“ Nichts trete zwischen den Vorsatz und die Ausführung der Wohltaten! Nur Barmherzigkeit duldet keinen Aufschub. „Brich dem Hungernden dein Brot, führe die armen Obdachlosen in dein Haus6“ und zwar mit Bereitwilligkeit! Denn es heißt: „Wer sich erbarmt, tue es mit Freude7!“ Durch die Bereitwilligkeit verdoppelt sich der Wert deiner Wohltat. Was mit Bitterkeit und gezwungen geschieht, entbehrt der Freundlichkeit und Gefälligkeit. Wohltaten sollen Freuden und nicht Tränen hervorrufen. „Wenn du ― wie es heißt8 ― die Fessel wegnimmst“ und nicht wählerisch bist, d. i. nicht kleinlich und empfindlich, nicht zögernd und mürrisch, was wirst du ernten? Großes und Wunderbares! Herrlich und reichlich ist dein Lohn. „Am Morgen wird dein Licht S. 307 hervorbrechen, und schnell wird deine Heilung kommen9.“ Wer sollte sich nicht nach Licht und Heilung sehnen?
