39.
[Forts. v. S. 307 ] Auf mich macht Eindruck die Kassa, welche Christus hatte führen lassen1, und durch welche er uns zur Armenfürsorge auffordert, ferner das einmütige Verhalten von Paulus und Petrus, von welchen zwar jeder in der Predigt des Evangeliums seinen eigenen Weg ging, welche aber gemeinsam sich der Armen annahmen2, endlich die Vollkommenheit des (reichen) Jünglings, welche nach der Vorschrift (Jesu) sich darin zeigen sollte, daß sie gab und Gutes den Armen schenkte3. Glaubst du vielleicht, Nächstenliebe sei freigestellt und nicht Pflicht, sei nur Rat und nicht Gesetz? Auch ich hatte den ganz gleichen Wunsch und die gleiche Meinung4. Doch mich schrecken die linke Hand (des göttlichen Richters), die Böcke und die Strafworte, welche ihnen der Richter zuruft; nicht waren sie ja wegen Diebstahl oder Tempelraub oder Ehebruch oder wegen der Übertretung eines sonstigen Verbotes verurteilt worden, sondern weil sie nicht in den Notleidenden Christus gedient hatten5.
Joh. 12, 6; 13, 29. ↩
Gal. 2, 9 f. ↩
Matth. 19, 21. ↩
Auch Gregor hatte seinerzeit, da er noch in der Einsamkeit ferne von Menschen lebte, das Gebot der Nächstenliebe noch nicht genügend erfaßt. Er hatte damals die θεωρία [theōria] noch der πρᾶξις [praxis] vorgezogen. Vgl. oben Kap. 6 Anm.! ↩
Matth. 25, 31 ff. ↩
