24.
Meine Freunde und Brüder, wir wollen keineswegs schlechte Verwalter der uns anvertrauten Güter sein, auf daß wir nicht die Worte Petri zu hören bekommen: „Schämet euch, fremdes Eigentum zurückzubehalten, ahmet Gottes Gerechtigkeit nach, und keiner wird arm sein1.“ Während andere unter der Armut zu S. 293 leiden haben, wollen wir uns nicht durch Aufhäufen und Aufbewahren von Schätzen Leiden bereiten! Denn nicht soll uns der treffliche Amos die bitteren Vorwürfe und Drohungen zurufen müssen: „Wohlan, die ihr sprechet: Wann ist der Neumond vorüber, um verkaufen zu können; wann ist der Sabbat zu Ende, um unsere Schätze feilzubieten2?“ und nicht die weiteren Worte, womit der Prophet den Zorn Gottes denen androht, welche eine große und eine kleine Wage führen. Nicht soll der treffliche Michäas3 etwa auch an uns die Lüsternheit bekämpfen müssen, denn Überfluß erzeugt Ausgelassenheit. Nicht soll er tadeln müssen, daß wir auf elfenbeinernen Ruhebetten schwelgen, uns mit den besten Salben verweichlichen, uns mit den zartesten Kälbern und den Zicklein von der Weide mästen und der Instrumentalmusik Beifall klatschen, und daß wir gar noch glauben, solches habe Wert und Bestand. Doch vielleicht hält der Prophet solche Genüsse noch nicht für so schlimm, als wenn wir in unserem Wohlleben mit den Leiden Josephs kein Mitleid haben; außer der Unmäßigkeit tadelt er nämlich die Unbarmherzigkeit4. Vor solchem Benehmen und solcher Ausschweifung wollen wir uns jetzt hüten, nicht wollen wir also die Güte Gottes verachten, welcher auf solche Weise zum Zorn gereizt wird, mag er auch seinen Zorn der Sünde nicht auf den Fuß und allsogleich folgen lassen.
Vgl. v. Dobschütz, „Das Kerygma Petri“, Texte und Untersuchungen XI,1 (Leipzig 1893) S. 6 f .; E. Hennecke, „Neutestamentliche Apokryphen“, 2. Aufl. (Tübingen u. Leipzig 1924) S. 146; ders. „Handbuch zu den neutestamentlichen Apokryphen“ (Tübingen u. Leipzig 1904) S. 239 ff. ↩
Amos 8, 5. ↩
Irrtümlich steht Michäas statt Amos. ↩
Amos 6, 4-6. ↩
