4. Cap. Wenn die Materie ewig wäre, so würde sie dadurch Gott gleichgestellt und ebenfalls Gott sein.
S. 65 So will ich denn nun meine Untersuchungen über die Materie mit dem Punkte beginnen, dass Gott sich derselben bemächtigt haben soll, während sie doch gleich ihm nicht entstanden, gleich ihm ungeschaffen, gleich ihm ewig, ohne Anfang und ohne Ende gedacht wird. Denn es gibt keinen andern Ursprung für Gott als die Ewigkeit. Das Wesen der Ewigkeit besteht aber in nichts anderem, als darin, stets gewesen zu sein und immer zu sein, als Folge des Vorzugs, keinen Anfang und kein Ende zu haben. Wenn sie eine Eigentümlichkeit Gottes ist, so dürfte sie auch ausschliesslich Gott eigen sein, da sie seine Eigentümlichkeit ist. Denn würde sie noch einem andern beigelegt, so wäre sie schon keine Eigentümlichkeit Gottes mehr, sondern ihm gemeinsam mit dem, welchem sie noch beigelegt wird. „Wenn es auch sonst noch Wesen gibt, die Götter genannt werden, im Himmel und auf der Erde, so ist aber doch nur einer Gott, der Vater, aus welchem alles ist.”1 Um wie viel mehr muss bei uns Christen, was Eigenschaft Gottes ist, auch als sein ausschliessliches Eigentum gelten! Sie würde aber, wie gesagt, schon nicht mehr seine Eigentümlichkeit sein; denn ein anderer besässe sie auch. Wenn sie nun Eigenschaft Gottes ist, so muss sie auch etwas Einziges sein, um dem Einzigen zugehören zu können. Oder was sollte das Eine und Einzige sein, wenn nicht das, dem nichts sonst gleich kommt, und was das Vorzüglichste, wenn nicht das, was über allem steht, allem vorgeht und aus dem alles hervorgeht? Dadurch, dass Gott allein diese Eigenheiten besitzt, ist er Gott, und indem er sie allein besitzt, ist er der Einzige. Hätten andere sie auch, so würde es so viele Götter geben, als Wesen da sind, welche die göttlichen Eigenheiten besitzen. So führt Hermogenes also zwei Götter ein. Denn er führt die Materie als etwas Gott gleiches ein. Gott darf aber nur einer sein; denn wer das höchste Wesen ist, ist Gott; höchstes Wesen aber wird nur das sein, was einzig ist; einzig aber kann das nicht sein, dem etwas gleich steht. Nun wird aber die Materie, wenn man sie für ewig hält, Gott gleich gestellt.
I. Kor. 8, 5. Die Stelle wird abgekürzt citiert. ↩
