41. Cap. Die Materie habe sich nach Hermogenes' Lehre zwischen Gut und Böse gleichmässig hin- und herbewegt. Dadurch werden aber das Gute und das Böse materielle Substanzen.
Ich komme nun auf die Bewegung zurück, um zu zeigen, wie es bei Dir überall wackelt. „Die Bewegung der Materie war ungeordnet, verworren und wirre.” Als Gleichnis dafür hältst Du uns das Bild des auf allen Seiten überlaufenden siedenden Topfes entgegen. Wie anders lauteten doch anderwärts Deine Aufschlüsse über sie! Willst Du die Materie als nicht gut und nicht schlecht hinstellen, so sagst Du: „Also — die Materie liegt unterhalb, und da sie eine Bewegung von gleichmässiger Schnellkraft hat, so neigt sie sich weder sehr zum Guten noch zum Bösen.” Wenn die Bewegung gleichmässige Schnellkraft hat, so ist dieselbe auch nicht stürmisch und brodelnd, sondern geordnet und gemässigt, nämlich eine solche, die, nach ihrer freien Wahl sich zwischen dem Guten und Schlechten haltend, sich jedoch nach keiner Seite vorwiegend neigend, mit S. 97 gleichmässig ausschlagendem Wagebalken, wie das Sprüchwort sagt, sich schaukelt. Das, wirst Du sagen, ist nicht Unruhe, Aufgeregtheit, unstetes Wesen, sondern Mässigung, wohlgeordnetes Wesen und die richtige Haltung einer Bewegung, die sich nach keiner Seite überneigt. Ganz sicher; wenn sie einen Hang mehr hierhin und dahin oder nach einer Seite hätte, so würde sie den Vorwurf der Unordnung, Ungleichmässigkeit und Unruhe verdienen. Wenn die Bewegung weder zum Guten noch zum Schlechten eine stärkere Neigung zeigte, so hielt sie sich offenbar zwischen dem Guten und dem Bösen. Mithin scheint die Materie auch dadurch bestimmbar zu sein, indem ihre Bewegung, die, weil sie sich zu keinem neigte, weder zum Bösen noch zum Schlechten Zug hatte, zwischen beiden von beiden abhing und darum durch beide ihre nähere Bestimmung erhielt. Aber indem Du vorgibst, die Bewegung der Materie habe sich zu keinem von beiden hingeneigt, versetzest Du Gut und Schlecht an einen bestimmten Ort. Denn wenn die Materie, die sich an einem bestimmten Ort befand, sich weder hierhin noch dorthin neigte, so neigte sie sich eben nicht zu den Orten, wo das Gute und das Böse sich befanden. Indem Du nun dem Guten und Bösen einen Raum anweisest, machst Du sie zu etwas räumlichem und damit zu etwas körperlichem, weil man, um einen Raum einzunehmen, vorerst von körperlicher Beschaffenheit sein muss. Denn unkörperliche. Dinge würden keinen eigenen Ort haben, es sei denn an einem Körper, insofern sie zu einem Körper hinzutreten. Neigte sich die Materie weder zum Bösen noch zum Guten, so geschah es, weil diese Dinge nicht körperlich sind.
Folglich irrst Du Dich, wenn Du behauptest, das Gute und das Böse seien Substanzen. Denn zu Substanzen macht man alle Dinge, denen man einen bestimmten Raum anweist. Du weisest ihnen aber einen Raum an, wenn Du die Bewegung der Materie an diesen beiden Regionen hängen lässest.
