7. Cap. Die Materie soll nach Hermogenes kleiner und geringer sein als Gott. Das ist bei seinen Voraussetzungen unmöglich.
Wenn er behauptet, die Materie sei kleiner und geringer als Gott, darum von ihm verschieden und darum nicht mit ihm zu vergleichen, weil er grösser und erhabener sei, so erhebe ich die Einrede, was ewig und unentstanden ist, kann sich keine Verkleinerung und Erniedrigung gefallen lassen. Denn eben seine Ewigkeit macht Gott zu dem, was er ist, macht, dass er hinter nichts als der geringere und niedrigere zurücksteht, sondern im Gegenteil grösser und erhabener ist als alles. Denn wie die übrigen Wesen, welche entstehen und vergehen und darum nicht ewig, sondern einmal dem Untergange wie der Entstehung unterworfen, und auch dem, was bei Gott nicht vorkommen kann, nämlich der vorläufigen Verminderung und Unterdrückung, ausgesetzt sind, weil geworden und geschaffen, so kann umgekehrt bei Gott dergleichen nicht stattfinden, weil er überhaupt weder entstanden noch geschaffen ist. Letzteres ist aber eben das Wesen der Materie.
S. 68 Gibt es also zwei ungeschaffene, unentstandene und darum ewige Wesen, Gott und die Materie, welche wegen desselben gemeinsamen Zustandes auch in gleicher Weise das besitzen, was keine Verminderung und keine Unterordnung zulässt, d. h. die Ewigkeit, so werden wir auch nicht sagen können, dass eines von beiden geringer oder grösser sei als das andere, sondern beide stehen als gleich gross und gleich erhaben da, als in gleicher Weise im Besitz jener dauernden und vollkommenen Glückseligkeit, als welche die Ewigkeit betrachtet wird. Denn wir werden uns doch wohl nicht den Vorstellungen der Heiden nähern, die manchmal, wenn sie sich zur Anerkennung Gottes gezwungen sehen, doch noch andere Götter unter ihm beibehalten wollen. Im Göttlichen gibt es keine Abstufungen, denn es ist einzig. Sollte sich aber auch bei der Materie Göttliches vorfinden, weil sie ebenfalls ungeworden, ungeschaffen und ewig ist, dann ist es auf beiden Seiten vorhanden. Denn das Göttliche kann nirgendwo geringer sein, als es selbst.
Wie kann Hermogenes es also wagen, einen Unterschied festhalten zu wollen und die Materie in dieser Weise Gott unterzuordnen, das Ewige dem Ewigen, das Ungewordene dem Ungewordenen, die Urheberin dem Urheber? Sie darf den kühnen Ausspruch thun, auch ich bin die erste, auch ich bin vor allem, ich bin diejenige, aus der alles ist; wir sind gleichzeitig gewesen, beide ohne Anfang, ohne Ende, ohne Urheber, ohne Gott. Wer darf mich einem gleichzeitigen und gleich alten Gott unterordnen? Geschieht es, weil er Gott heisst, so sage ich, ich habe auch meinen Namen. Oder aber, ich bin Gott und er ist die Materie.1 Denn wir sind beide das, was jedes von uns ist. Bist du nun der Meinung, Hermogenes habe die Materie Gott nicht gleich gemacht, die er ihm allerdings unterordnet?
Das zweitemal ist mit Fr. Junius statt aut zu lesen et. ↩
