11. Cap. Die Materie kann aber unmöglich böse sein, wenn sie ewig ist; denn das Ewige ist das höchste Gut.
Doch mit was für Gründen will uns Hermogenes überreden, die Materie sei etwas böses? Er wird nicht umhin können, dasjenige, dem er Schlechtigkeit zuschreibt, auch schlecht nennen. — Wir haben festgestellt, dass das Ewige keine Verminderung oder Unterjochung zulasse und einem zweiten gleich Ewigen gegenüber nicht geringer sei. Darum behaupten wir nun auch, dass ihr nichts Böses anhafte, da sie eine Unterordnung aus dem Grunde überhaupt nicht zulässt, weil, was ewig ist, nicht untergeordnet werden kann. Da aber anderweitig feststeht, dass höchstes Gut das sei, was ewig ist, wie Gott; — denn Gott ist der alleinige, weil er ewig ist, und darum der Gute, weil er Gott ist, — wie könnte dann der Materie noch das Böse anhaften, da man sie als ewig doch für ein höchstes Gut halten muss? Oder aber, wenn Ewiges des Bösen fähig wäre, so könnte man dasselbe auch von Gott annehmen, und unser Gegner hat sich vergebens damit geschmeichelt, es von Gott entfernt zu haben, wenn es, als der Materie zukommend, mit dem Ewigen vereinbar ist. Oder aber, wenn man etwas Ewiges für schlecht halten darf, so würde das Schlechte, weil ewig, auch unüberwindlich und unbesiegbar sein, und dann strengen wir uns vergeblich an, das Böse aus uns selber zu entfernen. Dann sind auch die dahinzielenden Vorschriften und Anordnungen Gottes vergeblich, ja, Gott hat sogar das Gericht vergebens angeordnet, da seine Strafe ungerecht sein wird. Wofern aber das Böse ein Ende haben wird, sobald sein Fürst in das ewige Feuer wandert, welches Gott ihm und seinen Engeln bereitet hat, nachdem er vorerst in den Abgrundspfuhl verstossen ist, sobald das Offenbarwerden der Kinder Gottes die Schöpfung, die ja der Eitelkeit verfallen ist, von dem Bösen befreit, sobald nach der Wiederherstellung der Unschuld und Unversehrtheit der Schöpfung die zahmen Tiere sich mit den wilden vertragen, die Kinder mit den Schlangen spielen und der Vater dem Sohne seine Feinde, nämlich die Übelthäter, zu Füssen gelegt hat — also mit Einem Wort, wenn das Böse ein Ende haben wird, so wird es auch einen Anfang gehabt haben müssen; dann wird auch die Materie einen Anfang haben, aus dem Grunde, weil das Böse ein Ende hat. Denn die Eigenschaften, die dem Bösen beigelegt werden, die kommen dem Zustande des Bösen entsprechend ihr zu.1
Öhler wagt hier die nicht üble Änderung competunt statt computantur. Ich übersetze, als wenn da stände: competunt ei oder illi. ↩
