2.
Augustinus antwortete: Hört euch das an, ihr alle, deren Herz Christus gehört, und seht es euch an, wenn ihr es erträgt - er selber ist ja eure Geduld (cf. Ps. 70,5)! Faustus, ganz gesättigt vom neuen Honig, hat den alten Essig ausgeschlagen, Paulus aber, ganz gesättigt vom alten Essig, hat die Hälfte davon ausgespien, und kann so den neuen Honig, der ihm verabreicht wird, aufnehmen, wobei er ihn allerdings nicht rein bewahrt sondern verdirbt (416,2). Du siehst, wenn der Apostel sagt (Rm. 1,1): Paulus, Knecht Christi Jesu, zum Apostel berufen, ausgesondert zum Dienst am Evangelium Gottes, so gehört das zum neuen Honig; was dann aber folgt (ib. 2 f.): das er durch seine Propheten in den Heiligen Schriften zuvor verheissen hatte, von seinem Sohn, der ihm geboren wurde aus dem Geschlecht Davids dem Fleische nach, gehört zum alten Essig. Wer könnte sich so etwas anhören, wenn ihn nicht derselbe Apostel mit den Worten trösten würde (I Kor. 11,19): Es muss auch Häresien geben, damit die Bewährten unter euch deutlich sichtbar werden? Doch was soll ich hier wiederholen, was ich weiter oben schon zur Genüge ausgeführt habe (cf. Buch VIII)? Dass nämlich der neue Lappen (cf. Mt. 9,16) und das alte Gewand, der neue Wein und die alten Schläuche nicht die beiden Testamente versinnbildlichen, sondern zwei Lebensformen und zwei Hoffnungen, dass andrerseits der Herr zum Verständnis der beiden Testamente folgendes Gleichnis vorgetragen hat (Mt. 13,52): Darum ist ein Schriftgelehrter im Reich Gottes vergleichbar einem Hausherrn, der aus seiner Schatztruhe Altes und Neues hervorholt, all das mag sich jeder, der dazu imstande ist, aus dem, was ich früher sagte, in Erinnerung rufen, oder es wenigstens nachschlagen, wenn er es möchte. Wenn einer nämlich meint, er müsse sich beide Hoffnungen lebendig halten, dass er also Gott sowohl um des irdischen Glücks wie des Himmelreichs willen dient, so muss er wissen, dass diese irdische Hoffnung keinen Platz lässt für jene himmlische Hoffnung, und dass er, sollte sich einmal die irdische Hoffnung durch irgend eine Drangsal zerschlagen, in seinem Kleinmut auch noch die himmlische Hoffnung verlieren wird. In diesen Zusammenhang gehört auch der Satz des Apostels (Mt. 6,24): Niemand kann zwei Herren dienen, die er mit dem Zusatz erläuterte: Ihr könnt nicht Gott und dem Mammon dienen. Das Alte Testament aber ist, wenn man es richtig deutet, die Prophetie des Neuen Testaments. Daher besassen schon die heiligen Patriarchen und Propheten jenes ersten Volkes die Hoffnung auf das ewige Heil, das erst im Neuen Testament versprochen wird, da sie den Sinn dessen, was sie selber taten, und, was sich an ihnen vollzog, richtig erkannten. Sie gehörten nämlich bereits jenem Testament an, das sie in ihrem Geist erkannten und liebten; denn auch wenn es noch nicht enthüllt war, war es schon modellhaft vorgebildet. Dem Alten Testament zugehörig waren dagegen jene, die sich die dortigen Verheissungen nicht anders als zeitlich dachten und sie als dies begehrten, während sie die ewigen Verheissungen, die darin modellhaft dargestellt und prophezeit waren, nicht erkannten. Doch wir haben dies ja in den früheren Antworten bereits genug und übergenug dargestellt.
