5.
Nun wendet sich mein Wort an dich, Manichäische Bande von Betrügern und Betrogenen. Mit soviel Elementen bist du die Ehe eingegangen, richtiger gesagt soviel Dämonen hast du dich als Hure angeboten und bist von ihnen mit gotteslästerlichen Hirngespinsten geschwängert worden, und wagst es nun, die Ehe zwischen deinem Herrn und der katholischen Kirche (416,19) mit dem Vorwurf der Unsittlichkeit zu geisseln! Führe uns deine Liebhaber vor, den ‛Halter der Lichter’ jenen Balancierkünstler, und Atlas den Lastenträger! Ersterer hält, wie du behauptest, die Elemente an ihrem Zipfel fest und sorgt dafür, dass die Welt in der Schwebe bleibt, der zweite aber trage, ein Knie angestemmt, die ungeheure Last auf seinen kräftigen Schultern, natürlich damit jener nicht schlapp macht. Wo sind die beiden? Falls sie wirklich existierten, wann könnten sie dich je aufsuchen, da sie so schwer beschäftigt sind? Wann könnten sie je deine Schwelle betreten, um sich nach so anstrengender Arbeit von deinen verführerischen Händen, die dank deines mühelosen Broterwerbs ganz zart geblieben sind, massieren zu lassen, der eine die Finger, der andere die Schultern? Nein, üble Dämonen führen dich in die Irre, die mit dir Hurerei treiben, damit du von ihren Lügen schwanger wirst und jene Phantasiewesen zur Welt bringst. Begreiflich also, dass du die Doppeltafel des wahren Gottes ablehnst, da diese kein Freund deiner Pergamente ist; durch sie hast du ja so viele falsche Götter liebgewonnen, indem dein Herz unstet zwischen den Scheingebilden deiner Phantasiewelt herumwandert, mit denen verglichen sich die ganze Lügensammlung der Dichter als bedeutungsvoll und ehrenwert erweist, und sei es nur deshalb, weil die Dichter, indem sie ihre Fälschungen offen zugeben, niemanden hinters Licht führen, während in deinen Büchern eine gewaltige Masse von Lug und Trug kindliche Gemüter und auch ältere Menschen mit dem Etikett der Wahrheit betört und sie durch jämmerliche Irrlehren verdirbt. Denn es wird sie in ihren Ohren kitzeln, wie der Apostel sagt (II Tim. 4,3 f.) und sie werden der Wahrheit nicht mehr Gehör schenken und sich den Fabeleien zuwenden. Wie könntest du also die gesunde Lehre jener Tafeln ertragen, deren erstes Gebot lautet (deut. 6,4): Höre, Israel, der Herr, dein Gott ist der einzige Gott, wenn du an so zahllosen Scheingöttern Gefallen findest, mit denen du in deinem durch und durch verdorbenen Herzen Hurerei treibst? Du erinnerst dich sicher an jenes Liebeslied, in dem du den obersten, die Herrschaft ausübenden König, der für ewig das Zepter trägt, blütenbekränzt und mit leuchtend rotem Antlitz beschreibst? Selbst wenn du nur ihn lieben würdest, müsstest du bei solcher Aufmachung vor Scham erröten; denn einer sittsamen Ehefrau missfiele es auch, wenn ihr einziger Ehemann blütenbekränzt auftreten würde. Nun kannst du mir nicht mit der Erklärung kommen, diese Beschreibung oder dieses Bild enthalte eine sinnbildlich allegorische Aussage, denn Mani pflegt ja von dir ausgerechnet dafür besonders gelobt zu werden, dass er dir die nackte und eigentliche Wahrheit ausspricht und auf jegliche Einhüllung Modellbilder verzichtet. Wenn du also Gott als zeptertragenden, blütenbekränzten König besingst, ist das im eigentlichen Sinn zu verstehen. Würde er doch wenigstens sein Zepter beiseite legen, wenn er sich mit Blüten bekränzt! Jener weichliche Prunk passt doch nicht zur Strenge des Herrscherstabes. Kommt hinzu, dass er nicht der einzige ist, den du ins Herz geschlossen hast; in der Fortsetzung des Liedes besingst du nämlich die zwölf Äonen, die, in Blüten gehüllt und von Harmonien erfüllt, ihre Blüten dem Vater entgegen werfen. Gleichenorts erklärst du sie zu zwölf grossen Göttern – je drei in den vier Himmelsrichtungen –, welche einen Kranz um den einen Gott bilden. Wie sich nun allerdings dieser Gott, den ihr so eingekreist sein lässt, ins Unendliche ausdehnen könnte, dafür habt ihr bis jetzt keine Lösung gefunden. Du fügst dann noch eine Unzahl von Reichsbewohnern hinzu, Heerscharen von Göttern, Kohorten von Engeln, welche nach deiner Darstellung euer Gott allesamt nicht erschaffen, sondern aus seiner Substanz gezeugt hat.
