15. Die Tugend der Reinheit wird vom Apostel in besonderem Sinne Heiligkeit genannt.
„Das ist der Wille Gottes,“ sagt der Apostel,1 „eure Heiligung.“ Und um uns nicht im Zweifel und Unklaren zu lassen, was er denn unter Heiligung verstanden wissen wolle, ob Gerechtigkeit oder Liebe, ob Demuth oder Geduld (denn durch alle die Tugenden erlangt man nach dem Glauben Heiligung), sagt und bezeichnet er es deutlich, was er eigentlich unter Heiligkeit verstehe. Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung: „daß ihr euch enthaltet,“ fährt er fort, „von Unzucht, daß ein Jeder von euch wisse sein Gefäß (seinen Leib) unbefleckt und in Ehren zu erhalten, nicht in der Lüste Trieb, wie die Heiden, welche Gott nicht kennen.“ Sieh’, mit welchen Lobsprüchen er die Keuschheit ehrt: „Ehre des Gefäßes“ d. h. unseres Leibes und „Heiligung“ nennt er sie! Wer demnach umgekehrt in leidenschaftlicher Begierde sich befindet, ist in Schmach und Unreinheit und wandelt ferne von der Heiligkeit. Kurz darauf2 führt er sie zum dritten Male an und nennt sie wieder Heiligkeit: „Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinheit, sondern zur Heiligkeit. Wer daher Dieß verachtet, verachtet nicht einen Menschen, sondern Gott, der auch seinen heiligen Geist in uns gegeben hat.“ Mit seinem Gebot verbindet der Apostel S. 146 eine unverletzliche Autorität, indem er sagt: „Wer Dieses verachtet,“ d. h. was ich eben von der Heiligkeit gesagt habe, „verachtet nicht einen Menschen,“ d. h. mich, der ich dieses Gebot gebe, „sondern Gott,“ der in mir redet: denn er hat seinem heiligen Geiste unser Herz zur Wohnung bestimmt. Du siehst also aus diesen einfachen und nackten Worten, mit welchen Lobsprüchen der Apostel die Keuschheit gepriesen hat. Denn erstens setzt er in diese Tugend die Heiligkeit; zweitens sagt er, durch sie müsse das Gefäß unseres Leibes von Unreinheit befreit werden; drittens lehrt er (und das ist ihr größtes und vollkommenstes Lob und ihr seligster Lohn), daß durch sie der heilige Geist seine Wohnung in unsern Herzen aufschlagen werde.
