1. Einleitung.
S. 201 Den sechsten Kampf haben wir gegen die Sünde zu bestehen, welche die Griechen ἀκηδία [Akēdia]1 nennen, was wir mit S. 202 „Überdruß“ oder „Angst des Herzens“ übersetzen können. Sie ist verwandt mit der Betrübniß und hauptsächlich mehr den wandernden Mönchen und Einsiedlern bekannt. Sie tritt für die in der Wüste Lebenden als ein ziemlich heftiger und häufiger Feind auf, der besonders um die sechste Stunde den Mönch beunruhigt und, wie ein zur vorherbestimmten Zeit auftretendes Fieber, die brennendste Glut ihrer Anfälle zur gewohnten und bestimmten Stunde in die kranke Seele schleudert. Ja, einige Greise sagen, es sei der Teufel am Mittag, von dem im neunzigsten Psalm2 die Rede ist.
Ἀκηδία [Akēdia], im Lateinischen taedium (vergl. Ps. 118, 28 [Hebr. Ps. 119, 28]: dormitavit anima mea, prae taedio [ἐπ’ ἀκηδίας Septuag.] [[ep akēdias]]), wird neben der Betrübniß (tristitia) als eine ihr verwandte Hauptsünde aufgeführt, und versteht man darunter den Ueberdruß, die Trägheit und Lauheit im Dienste Gottes. Der heilige Gregor der Große definirt (in I. Kön. 1, 14 [= 1. Samuel]) dieselbe als: „Entmuthigung und Erschlaffung beider Menschen (des inneren nämlich, d. i. der Seele, und des äusseren, d. i. des Leibes) in der löblichen Uebung der Tugend.“ Der heilige Bernard nennt sie „Erschlaffung des Geistes, der weder das Gute beginnen noch das begonnene vollenden mag.“ Bezüglich der Schuld, welche sie involvirt, bemerkt der heilige Thomas von Aquin, der sich über dieselbe ausführlich verbreitet (Summa theol. I., II. quaest. 35. orat. 3), Folgendes: „Sie gilt als eine Todsünde, weil sie das Leben der Seele ertödtet, welches aus der Liebe stammt, vermöge welcher Gott in uns wohnt. Darum ist diese Sünde ihrer Gattung nach eine Todsünde, denn an sich und kraft ihres eigenthümlichen Wesens widerstrebt sie der Liebe.“ ↩
Ps. 90, 6 [Hebr. Ps. 91, 6]. ↩
