5.
Dieser Einwurf ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen und könnte leicht manchen, der etwas S. 300 mit der Schrift vertraut geworden ist, verwirren. Und doch ist die Widerlegung einfach. Der Herr würde ihren Untergang nicht beweinen, 1 wenn sie ihm nicht ans Herz gewachsen wäre. So beweinte er ja auch den Lazarus, weil er ihn liebte. 2 Das wirst Du ja immerhin auf den ersten Blick erkennen, daß nicht die Stadt an sich, sondern ihre Einwohner die Sünde begangen haben. Aber weil die Vernichtung des Volkes von der Einnahme der Stadt abhängt, so fiel die Stadt der Zerstörung anheim, damit das Volk bestraft werde. Der Tempel ging deshalb zugrunde, damit die Opfer, die ja nur vorbildliche Bedeutung hatten, aufhörten. Was übrigens die Stadt selbst angeht, so ist sie im Laufe der Zeiten jetzt noch viel verehrungswürdiger geworden, als sie es je vorher war. Einst verehrten die Juden das Allerheiligste, weil dort die Cherubim thronten und die Sühnstätte, die Bundeslade, das Manna, der grünende Stab Aarons und der goldene Altar aufbewahrt wurden. 3 Scheint Dir das Grab des Herrn nicht viel mehr der Verehrung würdig zu sein? Jedesmal, wenn wir es betreten, schauen wir im Geiste den Erlöser, der im Linnentuch im Grabe liegt. 4 Und wenn wir dort etwas verweilen, dann sehen wir den Engel, der zu seinen Füßen sitzt, und zu seinen Häupten das zusammengewickelte Schweißtuch. 5 Wir stellen uns das Grab vor, dessen Herrlichkeit, lange bevor es Joseph aus dem Felsen hauen ließ, 6 der Prophet Isaias, wie wir alle wissen, mit prophetischen Augen geschaut hat, als er schrieb: „Und seine Ruhestatt wird herrlich sein.“ 7 Ahnte er doch, daß das Grab des Herrn eine Stätte der Verehrung für alle sein würde.
