6.
Doch wozu noch länger zögern? Alles Fleisch ist Heu, und all seine Herrlichkeit gleicht der Blüte des Grases. 1 Die Erde ist zur Erde zurückgekehrt, aus der sie ihren Ursprung genommen. 2 Er ist im Herrn entschlafen und wurde bei seinen Vätern beigesetzt. 3 Gesegnet an Tagen, voll des Lichtes, in hohem Greisenalter ist er dahingeschieden; 4 denn die Weisheit ersetzt die grauen Haare des Menschen. 5 In kurzer Lebenszeit hat er viele Jahre erfüllt. 6 An seiner Stelle hat er uns zwei herzige Kinder hinterlassen. Seine Gattin, die Erbin seiner Keuschheit, entschädigt uns für den großen Verlust. Im kleinen Nebridius finden wir den Vater wieder.
„So schweifte sein Blick, so hielt er die Arme, so trug er das Antlitz.“ 7
Ein Funke der väterlichen Regsamkeit leuchtet im Sohne auf; wie im Spiegelbild offenbart sich in ihm die Ähnlichkeit in der Tugend. „Klein ist das Körperchen nur, doch kraftvoll drin wohnet die Seele.“ 8
S. 322 Ihm zur Seite stehet das Schwesterchen, ein Blütenkelch von Rosen und Lilien, eine Mischung von Elfenbein und Purpur. Auffallend ist an ihr die Ähnlichkeit mit dem Vater, nur daß sie ihn an Schönheit überragt. Aber auch der Mutter Bild tritt uns in ihr entgegen, so daß man in dem einen Kinde beide Eltern wiederfindet. Wegen ihrer Sanftmut und Lieblichkeit ist sie der Stolz der ganzen Familie. Selbst der Kaiser 9 hält es nicht unter seiner Würde, sie an der Hand zu führen, und der Königin 10 macht es ein Vergnügen, sie auf den Schoß zu nehmen. Alles reißt sich um die Wette um das Mädchen. Bald hängt es sich dem einen um den Hals, bald trägt es ein anderer auf den Armen. Sie plaudert in einem fort, und wenn sie beim Stammeln der Worte mit dem Zünglein anstößt, so wirkt sie nur um so reizvoller.
