24. Ueber Tigran im Allgemeinen.
Ich will nun übergehen zu dem, was den Tigran betrifft, und zu den Thaten, die von ihm herrühren; denn dieser ist der mächtigste und klügste von allen unseren Königen und der tapferste von diesen und allen Männern. Er unterstützte den Cyrus, als dieser die Macht der Meder vernichtete; nicht wenige Zeit hindurch hielt er die Griechen sich unterworfen; die Grenzen unseres Wohnsitzes vergrösserte und dehnte er aus bis zu unsern alten Grenzen, bis zum äussersten Ende der Wohnsitze. Er war verhasst Allen, die zu seiner Zeit lebten, den Späteren aber lieb, er selbst und seine Zeit.
Welcher von den wahrhaftigen Männern und denen, welche für Thaten der Macht und Weisheit Begeisterung haben, wird sich nicht beim Andenken an ibn freuen und sich ermahnt fühlen ein solcher Mann zu werden. Als Haupt der Männer und Tapferkeit zeigend erhöhte er unser Volk und die unter seinem Joche Lebenden machte er zu Unterjochern und Zinsherren vieler Völker. Er vermehrte die Magazine für Gold, Silber, kostbare Steine und Kleider, verschiedene Farben und Wertsachen für Männer und Frauen, wodurch die Hässlichsten bewunderungswürdig erschienen, wie sonst die Schönsten, und die Schönen nach dem Zeitgeiste im Allgemeinen vergöttert wurden. Die Fusssoldaten ritten auf Pferden, die Schleuderer wurden zu Bogenschützen, die mit Holzkeulen Bewaffneten wurden mit Schwert und Lanze gerüstet, die Nackten mit Schildern und Panzerhemden umgeben. Wenn diese an einem Orte zusammen waren, war ihr Anblick, der Glanz und die Strahlen, S. 44 welche von ihren Rüstungen und Waffen ausgingen, allein hinreichend, die Feinde zu verjagen. Als Friedenbringer und Städtebauer konnte er mit Oel und Honig die Körper Aller mästen.
Dieses und noch vielmehr der Art brachte unserem Lande dieser blonde, mit grauspitzigen Haaren, der Sohn des Erovand, Tigran, von gefärbtem Angesichte, mit mildem Auge, gutem Wüchse, breiten Schultern, schnellem Schritte, schönen Füssen, mässig in Speise und Trank und Mass haltend in der Freude. Von diesem sagten unsere Alten, welche nach der Cymbel sangen, dass er auch in den Genüssen des Körpers Mass haltend, dass er sehr klug und beredt war und für Alles sorgte, was für die Menschheit nützlich war. Was sollte mir in diesem Buche lieber sein, als sein Lob und die Erzählungen über ihn in Breite darzulegen? Da er in Allem eine gerechturtheilende und gerechtigkeitsliebende Wage hatte, wog er alle Menschen nur nach dem Gewichte des Herzens.
Er verlangte nicht nach den Höheren und verachtete nicht die Niedrigen, sondern bemühte sich über Alle insgesammt den Mantel seiner Sorgen auszubreiten.
Schon längst mit Aschdahak, welcher über die Meder herrschte, verbunden gibt er diesem seine Schwester Tigranubi zur Ehe, da Aschdahak sie heftig verlangte. Er sagte nämlich, dass er durch diese Annäherung entweder eine feste Liebe zu Tigran haben werde oder ihn auf leichte Weise dem Tode überliefern könne; denn er trug Hass gegen ihn in seinem Innern. Eine Weissagung, die nicht von seinem Willen abhing, war für ihn das gegenwärtige Ereigniss.
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