29. Wie der Betrug entdeckt wurde und der Krieg entbrannte, in welchem Aschdahak fiel.
Darauf erzählt der Geschichtsschreiber, Aschdahak that, nachdem er die Tigranuhi in ihrer Stellung als Königin befestigt hatte, Nichts ohne ihren Willen in seinem Reiche, sondern ordnete Alles nach ihrem Worte und befahl allen Untcrthanen ihrem Befehle zu gehorchen. Nachdem er das so geordnet hat, beginnt er allmählich ihr den Betrug nahe zu legen. „Du weisst nicht, sagt er, dass dein Bruder Tigran, von seinem Weibe Saruhi aufgestachelt, deine Herrschaft über die Arier beneidet. Was möchte geschehen, wenn er nicht vor mir stirbt, und Saruhi dann über die Arier kommt und die Stelle der Göttinen einnimmt? Du hast nun zu wählen das Eine von diesen Beiden, entweder bruderliebend zu bleiben und einen schimpflichen Fall im Angesichte der Arier zu gewärtigen, oder dein eigenes Wohl begreifend einen nützlichen Gedanken zu fassen und auch für die nächsten Ereignisse zu sorgen.“
Mitten in diesen Chikanen hatte er es verheimlicht, dass Tigranuhi sterben sollte, wenn sie nicht nach dem Willen des Medopersers dächte. Aber die Tiefes findende Schöne merkte S. 49 die List und gab als Antwort dem Aschdahak Worte der Liehe und liess sehr schnell durch Freunde dem Bruder die List erzählen.
Er legt jetzt durch Boten Hand ans Werk, dass sie an einem Orte mitten auf der Grenze beider Reiche zu einer Zusammenkunft sich einfinden sollten unter dem Vorwande, dass ein Ereigniss, eine wichtige Angelegenheit, vorliege, welche durch Schrift und Botschaft zu erledigen nicht möglich sei, wenn sie nicht Beide persönlich einander gegenüber ständen. Als aber Tigran den Zweck der Sendung erkannt hatte, verheimlichte er Nichts von dem, was Aschdahak dachte, sondern legte in einem Briefe offen dar, was für Bosheit in dem Herzen dieses war. Nachdem diese Bosheit offengelegt war, gab es von da an weder Worte noch List, welche diese Schlechtigkeit verschieierten, sondern es entbrannte jetzt offen der Krieg.
Der König von Armenien sammelte aus dem Gebiete von Kappadocien, Iberien und Aghovanien und aus Gross – und Klein-Armenien alle Auserlesenen und marschirt mit seiner ganzen Macht nach Medien. Gefahr kommt jetzt dem Aschdahak im Kampfe dem Haikanen mit einer nicht kleinen Schaar zu begegnen. Er verschiebt das Zusammentreffen um fünf Monate; denn die schnelle und lebendige That erlahmte, wenn Tigran an seine geliebte Schwester dachte, und so suchte er den Ausgang der Dinge zu ordnen, dass ein Mittel zur Flucht der Tigranuhi sich finde. Inzwischen näherte sich die Zeit des Kampfes.
Aber ich lobe meinen schlanken, des Speeres kundigen, in allen Gliedern proportionirten und in der Schönheit des Wuchses vollendeten Tigran; denn er war schnell, in allen Theilen proportionirt und fand an Stärke nicht seines Gleichen. Doch warum dehne ich die Worte aus? Bei Beginne des Kampfes durchbohrt er, mit einer Lanze das feste Kleid von Eisen wie Wasser spaltend, den Aschdahak mit seiner langen Lanzenspitze und zieht, die Hand wieder zurückziehend, die Hälfte der Lunge mit der Waffe heraus. Der Kampf war bewunderswerth; denn die Helden, Helden gegenüberstehend, wandten einander nicht S. 50 sogleich den Rücken, wesshalb der Kampf ausgedehnt lange Zeit sich dahinzog. Jedoch das Ende machte der Tod des Aschdahak. Dieses Ereigniss, zu dem guten Glücke hinzugefügt, vermehrte den Ruhm Tigrans.
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