40. Aus der Ehe entsteht eine große und unvermeidliche Knechtschaft.
Wie aber nun, wenn der Mann freundlich, das Weib hingegen boshaft, schmähsüchtig, geschwätzig und was eine gemeinschaftliche Krankheit aller ist, verschwenderisch und noch mit mehreren anderen Fehlern behaftet ist? Wie wird der Arme diese tägliche Qual, die Hoffart und Frechheit ertragen? Was ferner, wenn das Gegentheil der Fall ist, wenn sie bescheiden und ruhig, er aber wild, stolz, zornmüthig, wenn er theils wegen des Leichtsinns, theils wegen gewaltiger Macht aufgeblasen ist und sie, die Freie, wie eine Sklavin behandelt und gegen sie nicht billiger ist, als gegen die Mägde? Wie wird sie diese Noth und Gewaltthätigkeit ertragen? Was endlich, wenn er sich unaufhörlich von ihr abwendet und fortwährend in dieser Behandlungsweise verharret? Erdulde, heißt es, diese ganze Knechtschaft; wann er gestorben ist, dann erst wirst du frei sein; so lange er aber lebt, muß Eines von beiden geschehen: entweder mußt du ihn mit allem Eifer zu besänftigen und zu bessern versuchen, oder ist das unmöglich, den unversöhnlichen Krieg und den verbitterten Kampf standhaft ertragen. Oben sagte er: „Entziehet euch einander nicht, es sei denn mit gegenseitiger Einwilligung;“1 hier befiehlt er der Geschiedenen auch gegen ihren Willen in Zukunft enthaltsam zu sein: „Sie bleibe ehelos, heißt es, „oder versöhne sich mit ihrem Manne.“2 Siehst du, wie sie sich zwischen zwei Feuern befindet? Denn entweder muß sie die Gewalt der Begierlichkeit dulden oder will sie das nicht, dem Uebermüthigen schmeicheln oder sich ihm zu Allem überliefern, wozu er Lust hat, sei es, daß er sie mit Schlägen behandeln, sei es, daß er sie mit Vorwürfen überhäufen, sei es, daß er sie dem Gespötte des Gesindes oder Anderm dergleichen preisgeben will. Denn es sind von den S. 216 Männern viele Wege ersonnen worden, wenn sie ihre Weiber plagen wollen. Will sie aber das nicht ertragen, so muß sie eine unfruchtbare Enthaltsamkeit üben; ich sage: unfruchtbar weil es ihr an der gebührenden Verheißung gebricht. Denn sie ist ja nicht aus Verlangen nach Heiligung, sondern wegen des Zerwürfnisses mit dem Manne übernommen worden: „denn sie bleibe unverheirathet,“ heißt es, „oder versöhne sich wieder mit ihrem Manne.“ — Wie nun, wenn sie sich nicht versöhnen will? Du hast eine andere Zuflucht und einen audern Ausweg. Was denn für einen? Erwarte seinen Tod. Denn wie es der Jungfrau nie zu heirathen erlaubt ist, weil ihr Bräutigam immer lebt und unsterblich ist, so der Verheiratheten erst, wenn der Mann todt ist. Denn wär’ es gestattet, auch bei Lebzeiten von ihm zu einem andern und von diesem wieder zu einem andern und von diesem wieder zu einem andern überzugehen, wozu wäre die Ehe nothwendig, da die Mäuner ohne Unterschied Einer des Andern Weib gebrauchte und sich Alle mit Allen vermischten? Wie müßte aber da auch die Sorge für die Angehörigen zu Grunde gehen, wenn heute dieser, morgen jener und dann wieder ein Anderer mit ihr als ihrem Weibe Umgang pflegten? Mit Recht nannte der Herr dieses Ehebruch.
