8.
Es ist ein Gesetz der Rhetorik, daß man, wenn man jemanden loben will, ausführlich auf seine Vorfahren und deren erhabene Taten eingeht, um dann allmählich zu ihm selbst zu kommen. Die Tüchtigkeit seiner Eltern und seiner sonstigen Ahnen soll ihm als Relief dienen. Man will zeigen, daß er im Vergleich zu den Tüchtigen unter ihnen nicht aus der Art geschlagen ist, aber die Mittelmäßigen weit überragt. Mein Lobspruch gilt seinem Geiste, und so werde ich seine äußeren Vorzüge, auf die er selbst nie Wert legte, übergehen. Ich will nicht die Familie und damit fremde Tugenden verherrlichen. Schließlich haben ja auch heilige Männer wie Abraham und Isaak sündige Nachkommen, man denke nur an Ismael und Esau, gezeugt. 1 Andererseits ist Jephte, den der Apostel in das Verzeichnis der Heiligen aufgenommen S. b39 hat, das Kind einer Buhlerin. 2 Die Seele, die gesündigt hat, soll nach der Schrift sterben, 3 woraus folgt, daß die Seele, die nicht sündigt, leben wird. Man kann den Kindern weder die Tugenden noch die Fehler der Eltern anrechnen. Wir werden beurteilt von dem Zeitpunkte an, in dem wir in Christus wiedergeboren wurden. Der Christenverfolger Paulus war morgens ein reißender Wolf aus Benjamin, und abends verteilte er Speise, indem er sein Haupt vor dem Lamme Ananias beugte. 4 So möge auch unser Nepotian gleichsam als wimmerndes Kind und als kleiner Knabe uns unvermittelt aus dem Jordan der Taufe geboren werden.
