7.
Wir sind zwar überzeugt, daß unser Nepotian bei Christus ist, beigesellt den Chören der Heiligen. Was er zusammen mit uns von der fernen Erde aus als begehrenswertes Ziel erstrebte, das schaut er jetzt von Angesicht zu Angesicht. Wir hören ihn sprechen: „Wie wir es gehört haben, so sehen wir es jetzt in der Stadt des Herrn der Heerscharen, in der Stadt unseres Gottes.“ 1 Aber wir vergehen, wo er fern von uns weilt, in Sehnsucht nach ihm. Wir bedauern nicht die Veränderung, die mit ihm vor sich gegangen ist, wohl aber uns in unserer neuen Lage. Je glücklicher er ist, desto größer ist unser Schmerz, weil wir seiner lieben Gegenwart entbehren müssen. Auch des Lazarus Schwestern beweinten ihren Bruder, obgleich sie wußten, daß er wieder auferstehen werde. Sogar Christus offenbarte sein menschliches Empfinden und weinte über ihn, den er auferwecken wollte. 2 Auch sein Apostel, der sprach: „Ich wünsche aufgelöst zu werden, um bei Christus zu sein; mir ist Christus Leben und Sterben ein Gewinn“, 3 sagt Dank, S. b38 weil ihm Epaphras am Rande des Grabes wiedergeschenkt wurde, damit er nicht Leid über Leid hätte. 4 Er freut sich nicht aus der dem Unglauben innewohnenden Furcht heraus, sondern aus liebevoller Sehnsucht. Wieviel mehr magst Du, der Oheim und Bischof, also sozusagen der Vater dem Fleische und dem Geiste nach, Dich nach ihm sehnen, der ein Stück Deines Herzens war, darüber wehklagen, daß er von Deiner Seite gerissen wurde! Doch beherrsche Deinen Schmerz und denke an das Wort: „Alles mit Maß!“ 5 Vergiß Dein Leid für kurze Zeit und vernimm das Lob Nepotians, an dessen Tugend Du Dich immer erbaut hast! Trauere nicht über seinen Verlust, sondern freue Dich darüber, daß er einmal Dir gehört hat! Wie die Geographen auf einer kleinen Karte die Lage ganzer Länder hinzeichnen, so will ich in dieser kleinen Schrift Dich seine Tugenden schauen lassen, nur kurz umrissen, nicht in ausführlicher Darstellung. Nimm meinen guten Willen hin als Ersatz für das unzulängliche Werk!
