7. Die Irrlehrer suchen dunklere Aussprüche älterer kirchlichen Lehrer in ihrem Sinne zu deuten. Schon der hl. Paulus warnt vor falschen Lehren.
Dieses Gericht scheint mir von oben herab ergangen zu sein besonders wegen der Arglist derjenigen, die unter fremdem Namen eine Häresie einzuführen trachten und darum gewöhnlich nach schwerverständlicheren Schriften irgendeines Alten greifen, die wegen ihrer Dunkelheit in gewissem Sinne zu ihrer Lehre passen, damit es nicht so aussehe, als ob sie zuerst oder allein jene ihre Behauptungen vorbrächten. Diese ihre Nichtswürdigkeit halte ich für doppelt abscheulich, weil sie einerseits sich nicht scheuen, das Gift ihrer Irrlehre auch anderen zu reichen, anderseits aber auch die Erinnerung an irgendeinen heiligen Mann wie bereits verglühte Asche mit ruchloser Hand wiederanfachen und das, was in Stillschweigen hätte begraben werden sollen, wiederauffrischen und unter die Leute bringen, wobei sie ganz in den Fußtapfen ihres Lehrmeisters Cham wandeln; denn dieser unterließ nicht nur, die Blöße des ehrwürdigen Noe zu bedecken, sondern machte auch anderen davon Mitteilung, damit sie ihn verspotteten. Dadurch zog er sich eine so große Schuld verletzter Kindespflicht zu, daß auch seine Nachkommen in den Fluch seiner Sünde verstrickt wurden, gänzlich ungleich jenen seinen tugendhaften Brüdern, welche die Blöße ihres ehrwürdigen Vaters weder mit eigenen Augen schänden noch anderen preisgeben wollten, vielmehr ihn, wie geschrieben steht, mit abgewandtem Gesichte zudeckten; das heißt: sie billigten weder den Fehler des heiligen Mannes noch zogen sie ihn ans Tageslicht, und darum S. 174wurden sie mit heiligem, auch auf ihre Nachkommen übergehenden Segen bedacht. Doch wir wollen zu unserem Gegenstande zurückkehren.
[12] Mit ängstlicher Sorge müssen wir uns daher vor Glaubensänderung und Religionsentweihung hüten, von der uns nicht nur die Zucht der kirchlichen Verfassung, sondern auch die Strenge apostolischer Autorität abschreckt. Denn es ist allen bekannt, wie nachdrücklich, wie streng und wie kräftig der selige Apostel Paulus sich gegen einige wendet, die mit befremdlicher Leichtfertigkeit sich allzu bald hatten abbringen lassen von dem, der sie zur Gnade Christi berufen hatte, zu einem anderen Evangelium, obschon es doch kein anderes gibt1 , die sich nach ihren Gelüsten Lehrer ausgesucht hatten, von der Wahrheit die Ohren abwendend, zu Fabeln aber sich hinwendend2 ; so zogen sie sich Verdammnis zu, weil sie die erste Treue gebrochen hatten3 . Sie waren von denen hintergangen worden, von welchen derselbe Apostel an die römischen Brüder schreibt: Ich bitte euch aber, Brüder, daß ihr im Auge behaltet die, welche Spaltungen und Anstöße wider die Lehre, die ihr gelernt habt, verursachen. Weichet ihnen aus; denn solche dienen nicht Christus dem Herrn, sondern ihrem Bauch und verführen durch süße Reden und Lobsprüche die Herzen der Arglosen4 . Sie drängten sich in die Häuser ein und nehmen schwache Weiber gefangen, die, mit Sünden beladen, von mancherlei Gelüsten getrieben werden, immer lernen, aber niemals zur Kenntnis der Wahrheit gelangen5 ; Schwätzer und Verführer, die ganze Häuser verderben, indem sie lehren, was nicht recht ist, um schnöden Gewinnes willen6 ; verdorbene Menschen, verworfen hinsichtlich des Glaubens, aufgeblasen und doch unwissend, kränkelnd an Streitfragen und Wortgezänk, die der Wahrheit bar sind und glauben, die Frömmigkeit S. 175sei ein Erwerbsmittel7 . Zugleich aber gewöhnen sie sich auch, müßig in den Häusern umherzugehen und nicht nur müßig, sondern auch geschwätzig und vorwitzig, redend, was sich nicht geziemt8 ; ein gutes Gewissen preisgebend, haben sie im Glauben Schiffbruch gelitten9 ; ihre eitlen Schwätzereien fördern gar sehr die Gottlosigkeit, und ihre Rede frißt wie Krebs um sich10 . Gut aber heißt es gleichfalls von ihnen: Aber weiter werden sie es nicht bringen; denn ihr Unverstand wird allen offenkundig sein, wie er es auch bei jenen war11 .
