13. Von der brüderlichen Versöhnung.
[Forts. v. S. 186 ] Weil wir gewöhnlich die von uns verletzten und betrübten Brüder verachten oder wenigstens mit der Behauptung, sie seien nicht durch unsere Schuld beleidigt worden, verächtlich über sie hinwegsehen, deßhalb will der Seelenarzt, der alles Verborgene kennt, die Veranlassungen zum Zorne mit der Wurzel aus unserm Herzen reissen. Er gebietet uns, wenn wir beleidigt worden sind, nicht nur zu verzeihen und uns mit unserm Bruder zu versöhnen, ohne ferner des Unrechtes und der Beleidigungen gegen uns zu gedenken, sondern auch wenn wir wissen, daß sie, mit Recht oder Unrecht, Etwas gegen uns haben, sollen wir nach seinem Gebote unsere Gabe zurücklassen, d. h. einhalten mit unserm Gebete und zuvor zu ihrer Versöhnung die Hand zu reichen eilen. Wenn so des Bruders Heilung vorher stattgefunden hat, dann sollen wir das reine Opfer unseres Gebetes darbringen. Denn nicht findet Gott, der gemeinsame Herr Aller, Gefallen an unserm Dienste, wenn er wegen des herrschenden Unfriedens Das, was er bei dem Einen empfängt, bei dem Andern verliert. Mag nämlich Schaden nehmen, wer da will, so erleidet Der stets einen Verlust, der auf gleiche Weise aller seiner Diener Heil erwartet und verlangt. Und wenn deßbalb ein Bruder Etwas gegen uns hat, so wird unser Gebet ebenso unwirksam sein, als wenn wir in dem vor Zorn gleichsam schwellenden Geiste die Bitterkeit des Unwillens gegen ihn bewahren.
