17. In welcher Absicht soll der Mönch die Einöde aufsuchen?
Fernerhin müssen die vollkommenen und von jeder Sünde gereinigten Mönche in die Einsamkeit wandern, und haben sie im Umgang mit den Brüdern ihre Fehler gründlich beseitigt, so müssen sie die Einsamkeit erwählen. Aber zu diesem Vorhaben soll sie nicht der Wunsch bestimmen, einen Zufluchtsort für ihren Kleinmuth zu haben, sondern die Aussicht, dort einen erhabenen Blick in die Betrachtung göttlicher Dinge thun zu können, der nur den Vollkommenen und zwar nur in der Einsamkeit möglich ist. Denn alle Fehler, die wir ungeheilt in die Einöde mitbringen, werden wir in uns verborgen, nicht aber getilgt fühlen. Wie nämlich die Einsamkeit den Mönchen mit gebesserten Sitten die reinste Kontemplation zu erschließen und den lautersten Blick ln die Wissenschaft der heiligen Geheimnisse zu eröffnen weiß, so pflegt sie die Fehler derjenigen, welche weniger gebessert sind, nicht nur zu behalten, sondern zu vergrößern und zu vervielfachen. So lange wird immer Einer in seinen Augen geduldig und demüthig sein, als er in keines Menschen Gesellschaft kommt. Doch wird er bald zu seiner früheren Natur zurückkehren, wenn die Gelegenheit zu irgend einer Erregung sich einstellt. Es tauchen dann sofort die in ihm S. 189 verborgenen Fehler empor, und gleich ungezügelten Pferden durch längere Muße genährt stürzen sie noch hitziger und wilder zum Verderben des eigenen Wagenlenkers um die Wette aus ihren Schranken hervor. Denn sind die Fehler vorher nicht ganz abgelegt, so werden sie in uns nur noch wilder, wenn der Verkehr und Umgang mit Menschen aufhört. Ja selbst den Schatten der Geduld, den wir im Verkehr mit den Brüdern mit Rücksicht auf die ihnen gebührende Ehrfurcht und aus Furcht vor öffentlicher Beschämung in unserer Einbildung zu besitzen glaubten, verlieren wir durch die Unthätigkeit, welche uns nur in eine falsche Sicherheit einschläfert.
