106.
1.1 Solche Leute also, die nur ein Trugbild des Schönen, die Prunksucht, nicht das Schöne selbst verehren und mit einem schönklingenden Namen wieder den Dienst an einem Trugbild (Götzendienst) einführen, muß man aus dem Reich der Wahrheit weit wegweisen, da sie auf Grund von Meinen, nicht von Wissen, von der wahren Natur des Schönen nur träumen.
2. Und das Leben hier ist für sie nur ein tiefer Schlaf der Unwissenheit; aus ihm müssen wir erwachen und uns um das wahrhaft Schöne und um den wahren Schmuck bemühen und darnach trachten, diesen allein zu erlangen; dagegen müssen wir dem Schmuck hier samt der Welt den Laufpaß geben, bevor wir gänzlich einschlafen.
3. Ich behaupte demnach, daß der Mensch zu keinem anderen Zweck Kleidungsstoffe nötig hat als zum Schutz des Körpers, zur Abwehr übermäßiger Kälte ebenso wie ungewöhnlich großer Hitze, damit uns die vom Üblichen abweichende Lufttemperatur nicht schade.
4. Wenn aber dies der Zweck der Kleidung ist, so dürfte es nicht berechtigt sein, eine andere Kleidung den Männern und eine andere den Frauen zuzuteilen; denn beide haben gemeinsam das Bedürfnis, sich zu bedecken, ebenso wie das, zu essen und zu trinken.
Zu 106, 1. 2 vgl. Platon, Staat VII p. 534 CD. ↩
