108.
1. Auch das Färben der Kleiderstoffe ist zu verwerfen; denn es entspricht weder einem Bedürfnis noch der Wahrhaftigkeit und läßt überdies ein ungünstiges Licht auf die Sinnesart fallen; denn ein gefärbtes Kleid bietet weder beim Tragen einen Vorteil (es ist ja nicht zum Schutz vor der Kälte geeignet), noch hat es als Bedeckung etwas vor den anderen Kleidern voraus, abgesehen davon, daß es Anlaß zum Tadel gibt; und der verlockende Anblick der Farbe verführt die Neugierigen, indem sie dazu reizt, in unvernünftiger Weise sehnsuchtsvolle Blicke darauf zu werfen. Für die aber, die rein und im Innern nicht falsch sind, ist es durchaus angemessen, daß sie auch weiße und ungekünstelte Kleider tragen.
2. Klar und lauter sagt daher der Prophet Daniel: „Es wurden Stühle hingestellt, und es setzte sich darauf ein betagter Greis, und sein Gewand war weiß wie Schnee.“1
3. In einem solchen Gewande sieht er den Herrn in einem Gesicht;2 und die Offenbarung sagt: „Ich sah die Seelen derer, die Zeugen geworden waren, unten an dem Altar; und es wurde jedem ein weißes Gewand gegeben.“3
4. Wenn man aber auch eine andere Farbe suchen muß, so genügt die natürliche echte Farbe; die Kleider dagegen, die an Buntheit den Blumen gleichen, muß man der Torheit des Bakchosdienstes und der Geheimkulte überlassen; ferner ist auch, wie der Lustspieldichter sagt, „der Purpur und das Silbergeschirr für die Tragödiendichter nützlich, aber nicht fürs Leben“,4 während unser Leben alles eher als ein feierlicher Aufzug sein muß.
5. Die sardianische Farbe 5 und eine andere wie die unreifer Trauben und wieder eine, die hellgrün ist wie junges Gras, und die Rosafarbe und das Scharlachrot und andere unzählige hochgeschätzte Farben S. a115 sind Erfindungen der verderblichen Freude an schwelgerischem Leben.
