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1. Da also das Bedürfnis das gleiche ist, so halten wir es für richtig, daß auch die Vorkehrung, es zu befriedigen, die nämliche ist. Denn wie das Bedürfnis nach einer Bedeckung beiden gemeinsam ist, so muß auch die Bedeckung ähnlich sein. Wenn wir aber eine andere Bedeckung den Männern, eine andere den Frauen S. a113 zuweisen müssen, so müssen wir für die Männer die Art von Bedeckung m Anspruch nehmen, durch die man das verbergen kann, was man vor den Augen der Frauen verbergen muß.1
2. Denn wenn auch das weibliche Geschlecht wegen seiner Schwäche ein gewisses Vorrecht beansprucht, so muß man die Schuld daran in der Gewohnheit einer schlechten Lebensführung suchen, infolge deren oft Männer, in schlechten Lebensgewohnheiten aufgewachsen, weibischer als Frauen geworden sind; man darf also in der Strenge nicht nachlassen.
3. Wenn man aber etwas Nachsicht üben muß, so soll man ihnen erlauben, ein wenig weichere Gewebe (für ihre Kleidung) zu verwenden, wenn man nur die törichten Feinheiten und die übertriebenen Künsteleien beim Weben der Stoffe aus dem Wege räumt und nichts mit Goldgespinst und indischen Stoffen und der mit so übertriebener Kunst hergestellten Seide zu tun haben will.
4. Zuerst entsteht ein Wurm, dann entwickelt sich aus ihm eine dicht behaarte Raupe, aus ihr wird in einer dritten Verwandlungsstufe eine Puppe (βομβύλιος), die von manchen auch νεκύδαλος genannt wird; aus ihr kommt ein langer Faden wie aus der Spinne der Faden des Spinnengewebes.2
5. Denn diese überflüssigen und durchsichtigen Stoffe sind das Zeichen einer nicht gefestigten Sinnesart, da sie durch die leichte Verhüllung die Schamhaftigkeit des Körpers preisgeben. Denn keine Bedeckung mehr ist die überfeinerte Kleidung, da sie die Form des nackten Körpers nicht verhüllen kann; denn wenn ein solches Kleid dem Körper angelegt wird, so schmiegt es sich ihm ganz glatt an; und da es sich eng mit der Gestalt verbindet, bekommt es selbst die gleiche Form und bildet den Umriß des weiblichen S. a114 Körpers so genau nach, daß der ganze Körperbau jedem deutlich ist, auch wenn man ihn selbst nicht sieht.
