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S. 176 Auch dies ist für die vorliegende Sache von Nutzen. In dem „Prediger“ sagt Salomo: „Ich pries glücklich alle die Toten mehr als die Lebenden, soviel noch bis jetzt am Leben sind1.“ Wer aber könnte mit solchem Recht als Gestorbener gepriesen werden wie der, welcher nach eigener Wahl den Tod für die Frömmigkeit auf sich genommen hat? Ein solcher Mann war Eleazar, der „den ruhmvollen Tod lieber auf sich nahm, als das Leben mit Schande und nach eigener Wahl zur Folterbank voranging“, der „einen hochherzigen Entschluß faßte, würdig seiner neunzig Jahre und seines dem Alter gebührenden Vorranges und des erworbenen und deutlich sichtbaren Silberhaares und seiner vortrefflichen Erziehung von Jugend an, noch mehr aber würdig der heiligen, von Gott geschaffenen Gesetzgebung2“. Er sprach: „Nicht ist es unsers Alters würdig, zu heucheln, dass (etwa) dann viele junge Leute in der Meinung, der neunzigjährige Eleazar habe sich zu ausländischem Wesen hingewandt, ebenfalls um meiner Heuchelei und der (dadurch gewonnenen) kurzen Lebensfrist willen durch mich veranlaßt in die Irre gehen, und ich mir in meinem Alter Schimpf und Schande erwerbe3. Denn sollte ich mich auch für den Augenblick der Strafe durch Menschenhand entziehen, so kann ich doch den Händen des Allmächtigen weder lebend noch tot entrinnen. Deshalb werde ich jetzt durch einen mannhaften Tod meines Greisenalters würdig erscheinen, den jungen Leuten aber ein edles Beispiel dafür zurücklassen, dass sie mutig und beherzt für die ehrwürdigen und heiligen Gesetze einen schönen Tod erleiden sollen4.“
Ich wünsche aber, dass ihr, an der Pforte des Todes oder vielmehr der Freiheit stehend, vor allem wenn ihr mit Folterqualen bedroht werdet - denn man darf nicht5 erwarten, dass euch nach dem Plane der S. 177 feindlichen Mächte diese Leiden erspart bleiben -, dass ihr dann solche Worte sprecht: „Dem Herrn, der die heilige Erkenntnis besitzt, ist es offenbar, dass ich, obwohl ich mich dem Tod entziehen konnte, harte Schmerzen an meinem Körper durch Geißelhiebe ertragen muß, in meiner Seele aber dies gern erleide, um der Gottesfurcht willen6.“ Von solcher Art war also der Tod des Eleazar, so dass von ihm gesagt werden konnte: „Nicht nur der Jugend, sondern auch der großen Mehrzahl des Volkes hinterließ er in seinem Tod ein Zeichen edler Gesinnung und ein Denkmal sittlicher Kraft7.“
