34.
Auch dies wollen wir beachten, dass von dem Heiland Weissagungen über das Martyrium nicht in den an die große Menge, sondern in den an die Apostel gerichteten Worten enthalten sind. Denn nachdem vorher gesagt ist: "Diese Zwölf sandte Jesus aus, indem er ihnen die Weisung gab: geht nicht den Weg zu den Heiden1" usw., heißt es dann weiter: "Nehmt euch vor den Menschen in acht; denn sie werden euch den Gerichten überliefern und werden euch in ihren Synagogen geißeln; und vor Statthalter und Könige werdet ihr geführt werden um meinetwillen, zum Zeugnis für sie und die Völker. Sobald sie euch aber überantworten, dann sorget nicht darum, wie oder was ihr sagen sollt: [denn es wird euch in jener Stunde verliehen werden, S. 189 was ihr sagen sollt2;] denn nicht ihr seid die Redenden, sondern der Geist des Vaters ist es, der in euch redet. Es wird aber ein Bruder seinen Bruder zum Tod überliefern und ein Vater sein Kind, und Kinder werden sich erheben gegen ihre Eltern und werden sie zum Tode führen. Und ihr werdet von allen gehaßt sein um meines Namens willen. Wer aber bis zum Ende ausharrt, der wird gerettet werden. Sobald sie euch aber in dieser Stadt verfolgen, so fliehet in die andere, und wenn sie euch aus dieser verjagen, so fliehet wieder in eine andere; denn wahrlich, ich sage euch, nicht werdet ihr mit den Städten Israels zum Ziele gelangen, bis der Menschensohn kommt3."
Lukas aber zeichnet folgendes auf: "Sobald sie euch aber vor die Synagogen und vor die Behörden und Obrigkeiten bringen, sorget nicht darum, wie ihr euch verteidigen oder was ihr sagen sollt; denn der Heilige Geist wird euch in der Stunde selbst lehren, was ihr sagen müßt4." Und weiter unten: "So beherziget nun, dass ihr nicht vorher auf Verteidigung sinnt; denn ich werde euch Redegabe und Weisheit verleihen, der alle eure Widersacher unmöglich widerstehen oder widersprechen können. Ihr werdet aber auch von Eltern und Brüdern und Verwandten und Freunden überliefert werden, und sie werden (einige) von euch zum Tode führen; und ihr werdet gehaßt sein von allen um meines Namens willen. Und kein Haar von eurem Haupte wird verloren gehen. Durch eure Standhaftigkeit werdet ihr euer Leben gewinnen5." Folgendes sagt aber auch Markus: "Sobald sie euch aber zur Auslieferung wegführen, so sorget und sinnt nicht vorher [was ihr sagen sollt6], sondern was euch in jener Stunde (ein)gegeben wird, das saget; denn nicht ihr seid die Redenden, S. 190 sondern der Heilige Geist. Es wird aber ein Bruder seinen Bruder zum Tode überliefern und ein Vater sein Kind, und Kinder werden sich erheben gegen ihre Eltern und werden sie zum Tode führen: und ihr werdet gehaßt sein von allen um meines Namens willen. Wer aber bis zum Ende ausharrt, der wird gerettet werden7."
Auch die folgenden Ermahnungen zum Martyrium bei Matthäus sind nicht an andere als an die Zwölf gerichtet. Auch wir werden auf sie hören müssen, da wir beim Hören Brüder der Apostel, die sie gehört haben, sein und den Aposteln werden zugezählt werden. Die Worte lauten so: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Seele und Leib in der Hölle vernichten kann8." Und im Anschluß hieran belehrt uns der Herr, dass man nicht ohne (göttliche) Vorsehung zum Kampf des Martyriums kommt. Es heißt nämlich: "Werden nicht zwei Sperlinge für ein As verkauft? Und keiner von diesen wird zur Erde fallen ohne den Vater in den Himmeln. Bei euch aber sind die Haare auf dem Haupte alle gezählt. Darum fürchtet euch nun nicht: ihr seid mehr wert als viele Sperlinge. Jeder nun, der sich zu mir bekennt vor den Menschen, zu dem werde auch ich mich bekennen vor meinem Vater in den Himmeln: wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater in den Himmeln9." Dieselbe Bedeutung haben die Worte des Lukas: "Dies aber sage ich euch, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und darauf nicht imstande sind, etwas mehr zu tun. Ich werde euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt; fürchtet den, der nach dem Töten Macht hat, in die Hölle zu werfen. Fürwahr, ich sage euch, diesen sollt ihr fürchten. Werden nicht fünf Sperlinge für zwei As verkauft? Und keiner von diesen ist vergessen vor Gott. Aber auch die Haare eures Hauptes sind alle gezählt. Fürchtet euch nun nicht, ihr S. 191 seid mehr wert als viele Sperlinge. Ich sage euch aber: jeder, der mich vor den Menschen bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn bekennen vor den Engeln Gottes; wer mich aber verleugnet vor den Menschen, der wird verleugnet werden von den Engeln Gottes10." Und an einer anderen Stelle: "Denn wer sich meiner und meiner Worte11 schämt, dessen wird sich der Menschensohn schämen, sobald er kommt in seiner und des Vaters und der heiligen Engel Herrlichkeit12." Eine ganz ähnliche Stelle hat auch Markus aufgezeichnet: "Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt in dem ehebrecherischen und sündigen Geschlechte, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, sobald er kommt in der Herrlichkeit des Vaters mit den heiligen Engeln13."
Unsere Henker töten also das Leben des Leibes; denn dies ungefähr bedeuten die von Matthäus und Lukas übereinstimmend überlieferten Worte: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten14"; und wenn sie den Leib getötet haben, so vermögen sie nicht, auch wenn sie wollen, "die Seele" zu töten, sondern sind gar nicht imstande, "etwas mehr zu tun15". Denn wie sollte auch eine Seele getötet werden können, die eben durch das Bekenntnis zum Leben erweckt worden ist? Legt doch (Gott), der uns bei Jesaja zum Martyrium ermahnt, mit seinem Sohne da Zeugnis für sie ab, wo geschrieben steht: "Werdet mir Zeugen, und so will auch ich, spricht Gott, der Herr, und der Sohn, den ich mir ausgewählt habe, Zeuge sein16."
Auch dies beachte, dass nicht Sklaven Jesu, sondern seinen "Freunden" diese Weisung gegeben ist: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und darauf nicht imstande sind, etwas mehr zu tun17." S. 192 Demnach müssen wir uns fürchten "vor dem, der Seele und Leib in der Hölle vernichten kann18". Denn dieser allein "hat nach dem Töten Macht, in die Hölle zu werfen19". Und zwar wird er so verfahren an denen, die sich vor dem Mördern ihres Leibes, aber nicht vor dem fürchten,"der Seele und Leib in der Hölle vernichten kann" und "der nach dem Töten Macht hat, in die Hölle zu werfen20". Wenn aber bei einem andern21die Haare seines Hauptes gezählt sind22", und auch bei jenen sicherlich, die um Jesu willen enthauptet werden, so wollen wir uns zu dem Sohn Gottes, und zwar "vor den Menschen" und den Nichtgöttern23 bekennen24, damit der, zu dem wir uns bekannt haben, es uns dadurch vergilt, dass er sich zu uns vor seinem Gott und Vater, und zwar zu demjenigen im Himmel bekennt, der sich zu ihm auf Erden bekannt hat.
Matth. 10,5. ↩
E. Nestle, Einführung in das griech. N.T.2 S. 120, hält meine Einschaltung für unrichtig, weil die Worte auch im Cod. D. des N.T. fehlen. Sie können aber dort ebenfalls infolge des Homoioteleuton ausgefallen sein. ↩
Matth. 10,17-23. ↩
Luk. 12,11.12. ↩
Luk. 21, 14-19. ↩
Von mir als notwendig eingefügt. ↩
Mark. 13,11-13. ↩
Matth. 10,28. ↩
Matth. 10,29-33. ↩
Luk. 12,4-9. ↩
Vgl. unten c. 37 a.A. dieselbe Stelle in einer Variante. ↩
Luk. 9,26. ↩
Mark. 8,38. ↩
Matth. 10,28; Luk. 12,4. ↩
Vgl. Luk. 12,4. ↩
Is.43,10. ↩
Luk. 12,4. ↩
Matth. 10,28. ↩
Vgl. Luk. 12,5. ↩
Matth. 10,28 und Luk. 12,5. ↩
Als bei den Aposteln ↩
Vgl. Matth. 10,30. ↩
D.h. den heidnischen Götzen, vgl. Deut. 32,21. ↩
Vgl. Matth. 10,32; Luk. 12,8. ↩
