27.
Den Satz schliesslich, den du noch beifügst (444,10), die Lehre Christi habe sich grundlegend von jener des Moses unterschieden, und es sei deshalb wenig wahrscheinlich, dass die Juden gleichzeitig Moses und Christus glauben könnten, folgerichtig sei vielmehr, dass sie, wenn sie dem einen glaubten, zwangsläufig in Widerspruch zum andern träten, diesen Satz würdest du jedenfalls nicht aussprechen, wenn du das Auge deines Geistes auch nur ganz wenig vom Boden erheben würdest, und dir dabei, ohne dich von Streitsucht blenden zu lassen, ansähest, wie der ganze Erdkreis, in der Person von Gebildeten und Ungebildeten, Griechen und Barbaren, Weisen und Toren, – all diesen gegenüber bezeichnet sich der Apostel als Schuldner (cf. Rm. 1,14) – gleichzeitig sowohl an Moses wie an Christus glaubt. Mag es also wenig wahrscheinlich klingen, dass die Juden in gleicher Weise an Moses und an Christus glauben konnten, noch viel unwahrscheinlicher klingt es, dass der ganze Erdkreis in gleicher Weise an Moses wie an Christus glauben könnte. Da wir nun aber sehen, dass sämtliche Völker an beide glauben, und mit unerschütterlicher und vielbezeugter Glaubenstreue daran festhalten, dass die Prophetie des ersten nicht im Widerspruch steht zum Evangelium des zweiten, dann wurde dieses eine Volk gewiss vor keine unerfüllbare Aufgabe gestellt, als zu ihm gesagt wurde (Joh. 5,46): Wenn ihr dem Moses glauben würdet, würdet ihr auch mir glauben, vielmehr müssen wir uns über die Herzenshärte der Juden wundern und sie strengstens dafür verurteilen, dass sie nicht befolgt haben, was, für uns klar sichtbar, die ganze Welt befolgt hat.
