23.
Dass der Satz, den Faustus zitierte (deut. 28,66) inmitten einer ganzen Reihe von Verfluchungen steht, ist somit kein Indiz dafür, dass er keinen Bezug zu Christus hat, im Gegenteil, auch all jene andern Verfluchungen sind nicht richtig verstanden, wenn man sie nicht als Prophetien zum Ruhm Christi, der dem Menschengeschlecht das Heil bringt, erklärt. In ganz besonderem Masse gilt dies für unseren Satz (deut. 28,66): selbst wenn es zum Bild des Moses passen würde, dass er in seinem Herzen ganz andere Gedanken hegte, während er die prophetischen Worte aussprach, würde ich das lieber so erklären, dass er eben Prophet war, ohne sich dessen bewusst zu sein, als angesichts dieser Worte, die an das Volk der Juden gerichtet waren (deut. 28,66): Du wirst dein Leben hängen sehen und wirst nicht an dein Leben glauben, behaupten zu wollen, dass dies keine prophetische Aussage über Christus darstellt. Auch Kaiphas dachte sich ja nicht das, was später aus seinen Worten herausgedeutet wurde, als er Christus wie einen Feind verfolgte und erklärte, dass es besser sei, wenn ein einziger Mensch sterbe, damit nicht das ganze Volk zugrunde gehe (cf. Joh. 11,50), wobei der Evangelist hinzufügte (ib. 51), dass er das nicht aus sich selbst, sondern, da er Hohepriester war, aus prophetischer Eingebung gesagt habe. Doch Moses war nicht Kaiphas. Daher handelt jene Aussage, die er dem Hebräischen Volk gegenüber machte (deut. 28,66): Du wirst dein Leben hängen sehen, und du wirst nicht an dein Leben glauben, nicht nur von Christus – selbst wenn er sich dessen nicht bewusst gewesen wäre, dürfte sie auf niemand anders hin interpretiert werden – er war sich dessen auch bewusst. Denn er war ein sehr verlässlicher Verwalter des prophetischen Amtes, d.h. jener priesterlichen Salbung, in der wir den Namen Christi erkennen. Als Träger dieses Amtes war auch Kaiphas, wenn auch nur unbewusst, zur Prophetie befähigt, obwohl er ein ganz übler Mensch war. Das eine, nämlich die Prophetengabe, war die Folge der prophetischen Salbung, das andere, dass er diese Gabe nur unbewusst ausübte, war die Folge seines gottlosen Lebens. Welchem Mund entspringt also die Behauptung, dass Moses nichts über Christus prophezeit habe, bei dem doch jene Salbung ihren Anfang nahm, die uns mit dem Namen Christi vertraut machte (cf. 372,19:395. 9), und die sogar dem Verfolger Christi die Gabe verlieh, Christus zu prophezeien, wenn auch ohne sich dessen bewusst zu sein.
