11.
Faustus selber hat ja nun in eben dem Streitgespräch, auf das ich gerade antworte, eine ganze Reihe von Gegensatzpaaren gegenübergestellt, rhetorisch geschickt, wie es den Anschein macht (cf. 568,19-22): Gesundheit und Krankheit, Überfluss und Mangel, Weiss und Schwarz, Warm und Kalt, Schmackhaft und Unschmackhaft. Zum Begriffspaar Weiss-Schwarz möchte ich mich nicht äussern, allenfalls folgendes anmerken: angenommen, die Farben liessen sich irgendwie unter die Kategorie Gut-Bös einordnen, indem etwa die Manichäer behaupteten, Weiss habe einen Bezug zu Gott, Schwarz zur Hyle, wenn also, da ja nach manichäischer Lehre sämtliche geflügelten Lebewesen von der Hyle geschaffen wurden, Gott ihnen die weisse Farbe aufsprühte, dann ist zu fragen, wo sich denn die Raben versteckten, als die Schwäne in Weiss gekleidet wurden. Ebenso überflüssig ist es, über das Begriffspaar Warm-Kalt zu diskutieren; denn beide sind, mit Mass angewendet, heilsam, masslos dagegen schädlich. Schauen wir uns die übrigen Paare an: Das Begriffspaar Gut-Böse – dem wohl der erste Platz gebührt hätte – scheint Faustus in dem Sinn in die Liste von Konträrbegriffen aufgenommen zu haben, dass er es gleichsam als Oberbegriffspaar verstanden wissen will, wobei natürlich Gesundheit, Überfluss, Weiss, Warm und Schmackhaft zur Kategorie Gut gehört, Krankheit, Mangel, Schwarz, Kalt und Unschmackhaft dagegen zur Kategorie Böse. Wie unbedarft und unüberlegt das ist, mag beurteilen, wer dazu imstande ist! Ich selber werfe also dem Menschen nicht vor, was er inbezug auf Weiss-Schwarz und Warm-Kalt sagt (cf. 582,8. 13), um nicht den Eindruck zu erwecken, ihn böswillig zu kritisieren, will aber (in diesem Zusammenhang) eine Vorbemerkung zu den Gegensatzpaaren Schmackhaft-Unschmackhaft und Gesundheit-Krankheit machen (cf. 583,8). Wenn nämlich Weiss und Schmackhaft zwei Güter sind, Schwarz und Unschmackhaft dagegen zwei Übel, wie kommt es, dass die meisten Traubensorten und sämtliche Olivensorten erst dann geniessbar sind, wenn sie schwarz werden, dass sie also besser werden, wenn der Anteil des Bösen grösser wird? Und wie erklärt es sich weiter, dass der Körper, wenn er sich heiss anfühlt, krank ist, obwohl doch Wärme und Gesundheit zwei Güter sind, Kälte und Krankheit dagegen zwei Übel? Hat je ein gesunder Körper Fieber? Wie gesagt (582,21) werfe ich Faustus nicht vor, was er vielleicht unbedacht oder als beliebige Konträrbegriffe, die nichts mit gut und bös zu tun haben, erwähnt hat, zumal ja die Manichäer niemals behauptet haben, dass das Feuer im Volk der Finsternis kalt gewesen sei, sondern natürlich seine Hitze als Übel bezeichneten.
