13.
Schliesslich zum Wohlgeschmack: Wenn jene Lebewesen ihre Speisen nicht schmackhaft und lecker gefunden hätten, hätten sie niemals Appetit darauf gehabt, niemals ihren Körper damit gestärkt. Es ist doch so, dass eine Speise uns entweder zusagt oder aber widersteht, je nachdem, wie sie auf unseren Körper abgestimmt ist. Wenn sie uns zusagt, bezeichnen wir sie als schmackhaft oder lecker, wenn sie uns widersteht, als unschmackhaft, zäh, oder durch irgend einen Beigeschmack ungeniessbar. Ist es nicht schon bei uns Menschen vielfach so, dass einer Appetit auf eine bestimmte Nahrung hat, die der andere verabscheut, wofür der menschliche Organismus, die Essgewohnheiten oder der Gesundheitszustand verantwortlich sein können? Wie viel eher noch kann der tierische Organismus, der ganz andersartig ist, etwas als schmackhaft empfinden, was für uns unangenehm schmeckt! Würden sonst Ziegen am Wilden Ölbaum hochklettern, um ihn zu benagen? Denn wie der Mensch bei manchen Krankheiten keine Lust auf Honig hat, so finden jene Tiere aufgrund ihrer Natur Geschmack am Wilden Ölbaum. Für jemanden, der diese Tatsachen mit klarem Blick analysiert, prägt sich die Erkenntnis ein, wie wichtig die richtige Zuordnung der Dinge ist, – indem nämlich einem jeden Wesen das ihm Angemessene zugebilligt und gewährt wird –, und wie breitgestreut das Gute ist, von den niedrigsten Dingen bis hin zu den erhabensten, von den körperlichen bis zu den geistigen. Wenn daher im Volk der Finsternis ein Lebewesen, das aus einem bestimmten Grundstoff gebildet war, eine Speise zu sich nahm, die dem Grundstoff jenes Lebewesens entsprach, dann war es zweifellos diese Harmonie, die ihr den Wohlgeschmack verlieh. Wäre es dagegen auf eine Speise getroffen, die dem Grundstoff einer andern Gattung Lebewesen entsprach, dann wäre es diese Disharmonie, die der Gaumen des Essers als abstossend empfunden hätte. Das Abstossende einer solchen Speise wird etwa als fehlende Schmackhaftigkeit, Zähheit, Fadheit oder ähnlich bezeichnet, oder auch als Gift, falls die Ungeniessbarkeit so tiefgreifend ist, dass durch die Gewaltsamkeit jenes fremden Grundstoffs der Zusammenhalt und die Eintracht des Körpers zerrissen, dieser also zerstört oder seiner Kräfte beraubt wird; Gift ist die Speise allerdings nur wegen dieser Disharmonie, weil sie ja für jene andere Gattung Lebewesen dank der Harmonie eine essbare Speise ist. Wenn beispielsweise der Sperber Brot verzehrt, das für uns tägliche Speise ist, geht er zugrunde; so ergeht es uns, wenn wir Nieswurz essen, den ein Grossteil des Weideviehs als Nahrung benutzt. Allerdings ist diese Pflanze bei massvoller Anwendung auch ein Medikament. Wenn Faustus diese Zusammenhänge gekannt und berücksichtigt hätte, hätte er gewiss nicht Gift und Gegengift als Beispiel für die beiden Naturen des Bösen und des Guten gewählt, als ob Gott das Gegengift, die Hyle das Gift wären; denn das selbe Mittel, die selbe Natur kann, einmal angemessen, einmal unangemessen eingenommen oder verabreicht, nützen oder schaden. Folgt man dem manichäischen Mythos, kann man daher sagen, dass ihr Gott Gift für das Volk der Finsternis war, da er ihre so robusten Körper dermassen schwächte, dass sie völlig gebrechlich wurden; da aber umgekehrt auch das Licht eingefangen, in Gefangenschaft gehalten und verdorben wurde, waren sie sich gegenseitig Gift.
