1. Ein Mahl in der Wüste.
S. a508 Nach Vollendung der gebotenen Tagesfeier und nach Entlassung der in der Kirche Versammelten kehrten wir in die Zelle des Greises zurück und wurden zuerst auf das Trefflichste bewirthet. Denn zu dem Salzwasser, das mit einem Tropfen Öl übergossen zur täglichen Labung vorgesetzt zu werden pflegte, nahm er nur wenig Salzsaft und goß etwas mehr Öl als gewöhnlich darüber. Jenen Tropfen Öl nemlich träufelt nicht deßhalb jeder Essende täglich darauf, damit er hievon irgend eine Annehmlichkeit des Gaumens erhalte, da ja das Maaß ein so kleines ist, daß es kaum den Weg durch Gaumen und Schlund durchmachen, viel weniger also dieselben bestreichen kann: — sondern damit er durch diesen Gebrauch die Prahlerei des Herzens, die bei einer strengen Entsagung sich leicht und heimlich einzuschleichen pflegt, sammt allen Stacheln des Hochmuths zurückdränge; denn je heimlicher die Entsagung geübt wird, S. a509 und je mehr man sie ohne menschliche Zeugen vollendet, um so weniger hört sie auf, den, der sie verbirgt, heimlich zu versuchen. 1 Dann setzte er geriebenes Salz vor und drei Oliven, worauf er noch ein Körbchen brachte, das gedörrte Kichererbsen enthielt, was Jene Trogalien nennen. Davon nahmen wir nur Jeder fünf Körner, je zwei Pflaumen und eine Feige; denn in jener Wüste gilt es für einen Fehler, diese Zahl zu überschreiten. Als wir nach dieser Erfrischung die Lösung der Frage zu verlangen anfiengen, da sprach der Greis: So leget denn eure Frage vor, deren Untersuchung wir auf diese Stunde verschoben haben.
Wer die Lobredner sucht, thut sich leichter mit seiner Entsagung, da ihm die befriedigte Leidenschaft des Stolzes Ersatz bietet; aber der heimlich zurückgewiesene Genuß reizt immer zu neuem Kampf und Verdienst. ↩
