19. Über den Sinn des Wortes: „Glückseliger ist es zu geben als zu empfangen.“
Und geradezu nennt er Dieß des Herrn Gebot: „Denn,“ sagt er, „er selbst, nämlich der Herr Jesus, sprach: Seliger ist es zu geben als zu empfangen.“ Das heißt: Seliger ist die Freigebigkeit des Schenkenden als der Mangel des Empfangenden, wenn erstere nicht mit Geld, das man aus Unglauben und Mißtrauen zurückgelegt hat, geübt wird, sondern aus der Frucht eigener Arbeit und frommer Anstrengung hervorgeht. Und deßhalb ist es seliger zu geben als zu empfangen; denn obgleich, welcher gibt, die Armuth Desjenigen besitzt, welcher empfängt, so beeilt er sich dennoch, mit der eigenen Arbeit nicht nur seine eigenen Bedürfnisse zu bestreiten, sondern auch Das, was er dem Dürftigen schenkt, mit frommer Besorgniß zu erwerben. Ihn ziert eine doppelte Gnade: erstens, weil er die vollkommene Armuth Christi besitzt, da er sich aller seiner Güter beraubt: zweitens, weil er die Freigebigkeit eines Reichen übt durch seine Arbeit und Gesinnung. Dieser ehrt Gott mit seinem frommen Werke und opfert ihm von den Früchten seiner Gerechtigkeit; Jener aber, in die Erstarrung des Müssiggangs und der Unthätigkeit versunken, erweiset sich nach des Apostels S. 220 Ausspruch auch der Speise des Brodes unwürdig; denn gegen des Apostels Verbot dem Müssiggange fröhnend kann er ohne Sündenschuld und Schmach auf dieselbe keinen Anspruch machen.
