6. Er widerlegt nun einen andern Beweis des Nestorius, in welchem Dieser dafür stritt, daß Christus dem Adam in Allem gleich sei.
Aber es ist endlich Zeit, auch deine übrigen mehr verborgenen und hinterlistigen Gotteslästerungen aufzudecken, weil wir sie ja doch nicht, wie wir lieber möchten, übersehen können, da sie sonst Unwissende betrügen dürften. Du hast in einer deiner pestartigen Abhandlungen die folgende Behauptung aufgestellt: „Der Mensch ist das Ebenbild der göttlichen Natur; dieses aber stürzte der Teufel in das Verderben; so empfand Gott Schmerz um sein Ebenbild, wie ein Kaiser für seine Statue. Er stellte das verdorbene Ebenbild wieder her und bildete ohne Samen aus der Jungfrau eine Natur nach jenem Adam, welcher ohne Samen geboren wurde, und weckte durch einen Menschen die menschliche Natur wieder auf; denn weil durch einen Menschen der Tod, darum kam auch durch einen Menschen die Auferstehung der Todten.“ Man sagt, daß gewisse Giftmischer gewöhnlich in den Bechern, welche sie bereiten, dem Gifte S. 595 Honig beimischen, damit das Schädliche durch das Süße verborgen, und der durch die Süßigkeit des Honigs Verlockte von dem pestartigen Gifte getödtet werde. So machst du es mit deinem Ausspruche: „Bild Gottes ist der Mensch; dieses aber hat der Teufel in’s Verderben gestürzt, und Gott thut es nun leid um sein Bild wie dem Kaiser um seine Statue.“ Du bestreichst so gleichsam den Rand des tödtlichen Bechers mit Süßigkeit oder Honig, damit die Menschen, welche den dargereichten Trank schlürfen, das Verderbliche nicht merken, da sie das Reizende kosten. Du hältst den Namen Gottes hin, um im Namen der Religion zu lügen; Heiliges schickst du voraus, um für deine Verkehrtheiten zu gewinnen und durch das Bekenntniß Gottes möglich zu machen, daß du gerade Den läugnen kannst, welchen du bekennst. Wer sieht doch nicht, wo du hinauswillst, was du im Sinne hast? Du sagst nemlich: „Es empfand Gott Schmerz um sein Ebenbild wie der Kaiser um seine Statue; er stellte das verdorbene Ebenbild wieder her und bildete ohne Samen aus der Jungfrau eine Natur nach jenem Adam, welcher ohne Samen geboren wurde. Er richtete also die menschliche Natur durch einen Menschen wieder auf, weil wie durch einen Menschen der Tod kam, so auch durch einen Menschen die Auferstehung der Todten.“ Das also hast du als lauernder Betrüger mit so viel Eifer, mit so viel Mühe durch deine verlockenden Vorworte zu Stande gebracht, daß du im Vorausgehenden Gott nennst und im Nachfolgenden beim Menschen anlangst, und gerade Denjenigen hintennach mit der Schmähung eines bloßen Menschen bewirfst, welchem du vorher in der Bezeugung hinterlistiger Demuth die Ehre Gottes angethan hattest. Du sagst also, es habe die göttliche Liebe das Ebenbild Gottes, welches der Teufel ins Verderben gestürzt hatte, wieder hergestellt. Ja freilich das verdorbene Ebenbild wieder hergestellt! O wie hinterlistig ist schon Dieß, daß du sagst, er habe das verdorbene Ebenbild wieder hergestellt. Du möchtest nemlich die Überzeugung beibringen, es sei nicht Mehr in Jenem gewesen, in welchem das Ebenbild S. 596 erneuert wurde, als gerade in jenem Bilde selbst, welchem die Erneuerung geleistet wurde. Und eben deßhalb willst du, daß der Herr Dasselbe gewesen sei wie Adam, der Wiederhersteller des Bildes nicht mehr als das zerfallende Ebenbild selbst. Was du ferner willst, was du im Sinne hast, beweisest du in dem Folgenden, da du sagst: „Ohne Samen bildete er eine Natur nach jenem Adam, welcher ohne Samen geboren wurde, und durch einen Menschen richtete er die menschliche Natur wieder auf.“ In Allem ist nach deiner Behauptung der Herr Jesus dem Adam ähnlich und gleich gewesen: Jener kam ohne Samen und auch Dieser; Jener war ein bloßer Mensch und eben so Dieser. Damit siehst du, wie sorgfältig du verhütet und vorgsorgt hast, daß doch ja der Herr Jesus Christus nicht in Etwas für größer oder vielleicht für besser gehalten werde als Adam; da du sie in so gleichem Maße gegen einander abmissest, daß du glauben würdest, dem Adam Etwas abzubrechen, wenn du Jenen in Etwas vorgezogen hättest.
