10.
Meine Rede mußte von einer Stelle aus, die voller Klippen ist, ihre Fahrt antreten. 1 Nachdem mein gebrechliches Fahrzeug inzwischen auf schäumenden Wogen, vorbei an unterwaschenen Felsen, ins offene Meer gelangt ist, muß ich die Segel vor den Wind halten. Und wo ich jetzt durch all die klippenreichen Fragen hindurch bin, will ich zum Schlusse, wie es bei lustigen Matrosen Sitte ist, ein munteres Lied 2 anstimmen: S. 290 O Wüste, die du dich zeigst in der Frühlingspracht der Blumen Christi! O heilige Einsamkeit, in der die Steine wachsen, aus denen nach den Worten der Apokalypse die Stadt des großen Königs erbaut wird! 3 O verlassene Statte, in der man sich des vertrauteren Umganges mit Gott erfreut! Was willst Du, mein Bruder, in der Welt, der Du erhaben über der Welt stehst? 4 Wie lange sollen der Häuser Schatten auf Dich drücken? Wie lange soll Dich der rauchgeschwängerte Kerker dieser Städte festhalten? Glaube mir, ich weiß nicht, was ich allein an Tageshelle hier mehr genieße. Hier kann man sich der Bürde des Körpers entledigen und sich zum reinen Glanz des Äthers emporschwingen. 5 Fürchtest Du die Armut? Aber Christus preist ja die Armen selig. 6 Schreckt Dich die Anstrengung? Kein Ringkämpfer erringt ohne Schweiß die Krone. 7 Sorgst Du Dich um den Unterhalt? Der Glaube fürchtet den Hunger nicht. Scheust Du Dich, Deine vom Fasten ausgemergelten Glieder mit dem nackten Boden in Berührung zu bringen? Bedenke, daß der Herr bei Dir liegt. 8 Erfaßt Dich Grausen ob des ungepflegten Haares und des schmutzigen Hauptes? Dein Haupt ist ja Christus. 9 Hält Dich die unendliche Weite der Wüste zurück? So wandle im Geiste durch das Paradies! So oft Du in Deinen Gedanken dorthin emporsteigst, wirst Du nicht mehr an die Wüste denken. Bist Du etwa bange, daß sich die Krätze an Deiner der Bäder entwöhnten Haut festsetzt? Wer einmal in Christus gewaschen ist, braucht kein zweites Mal gewaschen zu werden. 10 Um es kurz zu S. 291 machen, alle Einwände räumt der Apostel hinweg mit den Worten: „Die Leiden dieser Welt bedeuten nichts gegenüber der zukünftigen Herrlichkeit, die sich an uns offenbaren wird.“ 11 Du bist schon sehr verwöhnt, mein Teuerster, wenn Du Dich hier mit der Welt freuen und dort mit Christus herrschen willst.
Cicero, Tusc. IV 14, 33. ↩
Celeuma ist eigentlich der Taktgesang des κελευστὴς, der den gleichmäßigen Ruderschlag leitete. ↩
Offenb. 21, 18 ff. ↩
Vgl. Cyprian, Ad Donatum 14 (CSEL III 1, 15 [Hartel]; BKV XXXIV 53). ↩
Vgl. Denkspruch 42 in τὰ χρυσᾶ ἔπη (fälschlich Pythagoras zugeschrieben), herausgegeben von Günther, Breslau 1816, 43. ↩
Matth. 5, 3; Luk. 6, 20. ↩
2 Tim. 2, 5. ↩
Vgl. Cyprian, Ep. 76, 2 ad Nemesianum etc. (CSEL III 2 829 f. [Hartel]). ↩
1 Kor. 11, 3. Vgl. Cyprian a. a. O. 830. ↩
Joh. 13, 10. Vgl. Cyprian a. a. O. 830. ↩
Röm. 8, 18. ↩
