5.
Es ist furchtbar, ich kann nicht weiter darüber reden. Will ich sprechen, so überfällt mich Schluchzen; S. 374 vor Empörung und Schmerz bleibt mir der Atem in der Kehle stecken. Wo bleibt da das Meer tullianischer Beredsamkeit, wo bleibt der flüssige Redestrom eines Demosthenes? Zu einem solchen Falle würdet wohl auch ihr beide schweigen, und eure Zunge dürfte erstarren. Da hat sich etwas zugetragen, was keine Beredsamkeit zu schildern vermag. Das ist eine Tat, wie sie kein Schauspieler darstellen, wie sie kein Possenreißer spielen, kein Atellane 1 vortragen kann. In den Klöstern Ägyptens und Syriens ist es Sitte, daß sich Jungfrauen und Witwen, die sich Gott geweiht haben und der Welt entsagend auf alle irdischen Vergnügungen verzichten, das Haar abschneiden lassen. Dies besorgen die älteren Klosterinsassen. Wer sich die Haare schneiden läßt, zeigt sich später nicht mehr mit unbedecktem Haupte, um nicht gegen die Vorschrift des Apostels zu verstoßen, sondern eine solche Nonne trägt eine Binde und verhüllt ihr Haupt. 2 Darüber wissen aber nur zwei Bescheid: wer sich das Haupt scheren ließ, und wer es geschoren hat, es sei denn, daß es dadurch bekannt wird, weil es beinahe allgemeine Sitte ist. Was aber anfänglich nur klösterliche Übung war, ist aus einem zweifachen Grunde zu einem natürlichen Bedürfnis geworden, einerseits, weil sie kein Bad mehr besuchen, dann aber, weil sie weder für das Haupt noch für das Gesicht Öl benutzen. Man will dadurch die Belästigung verhindern, welche auf die kleinen Tierchen zurückgeht, welche ins ungepflegte Haar sich einzunisten pflegen. Auch soll verhindert werden, daß sich schmutzige Krusten bilden.
