8.
Ich sehe Dich noch zu meinen Füßen liegen, wie Du, um Deine eigenen Worte zu gebrauchen, um das „Viertelchen Deines Blutes“ 1 flehtest Du Unglücklicher! Als ob es kein göttliches Gericht gäbe, schienst Du nur mich als Deinen Rächer zu fürchten. Ich habe Dir verziehen, S. 377 ich gebe es zu. Wie wollte ich als Christ anders handeln? Ich ermahnte Dich, Buße zu tun, Dich in Sack und Asche zu wälzen, 2 die Einsamkeit aufzusuchen, im Kloster zu leben, Gottes Barmherzigkeit unter ständigen Tränen anzuflehen. Du aber, dem ich weitgehend Vertrauen entgegenbrachte, ließest Dich von der Schlange aufstacheln und kehrtest den Bogen gegen mich. 3 Gegen mich schossest Du auf einmal die Pfeile Deiner Verleumdungen ab. Weil ich Dir die Wahrheit sagte, deshalb wurde ich Dein Feind. Aber unter Deinen Schmähungen leide ich nicht. Weiß doch jeder, daß aus Deinem Munde nichts Anständiges hervorgeht. Aber darüber bin ich traurig, daß Du keine Reue kennst, daß Du nicht merkst, wie Du ein Toter bist. Wie ein Fechter, der bereit ist, sich der Libitina zu weihen, schmückst Du Dich zu Deinem eigenen Begräbnis. 4 Du kleidest Dich in Linnen, Du beschwerst Deine Finger mit Ringen, reinigst Deine Zähne mit Zahnpulver, pflegst die spärlichen Haare auf Deinem rötlichen Schädel; Dein Stiernacken mit seinem Fettpolster kann sich, weil er gebrochen ist, nicht beugen. 5 Weiterhin duftest Du von Salben, ziehst von einem Bad ins andere und führst einen Kampf gegen die ständig nachwachsenden Haare. Wie ein feiner und aufgeputzter Liebhaber erscheinst Du auf dem Forum und auf den Straßen. Du hast das Gesicht einer Buhldirne, ohne daß Du Dich dessen schämst. 6 Unglücklicher, bekehre Dich zum Herrn, S. 378 damit der Herr sich Dir gnädig zuwende! 7 Tue Buße, damit es auch den Herrn gereue, das Strafgericht auszuführen, das er gegen Dich beschlossen hat! 8
Der Ausdruck „hemina sanguinis“ stammt von dem Rhetor Theodorus aus Gadara, dem Lehrer des Tiberius (vgl. Sen., De tranquill. animi 14, 3). Die hemina ist ein Hohlmaß = ½ Sextarius. ↩
Matth. 11, 21; Luk. 10, 13. ↩
Ps. 77, 57. ↩
In feierlichem Aufzuge zogen die Gladiatoren ins Amphitheater. Im Tempel der Venus Libitina wurden alle zu einem Leichenbegängnis erforderlichen Geräte aufbewahrt. Das Wort Libitina wird deshalb in der Bedeutung Tod gebraucht (vgl. Horaz, Carm. III 30, 7; Sat. II 6,19). Die Leichen der getöteten Fechter wurden durch die Porta Libitina aus der Arena geschleppt (Vgl. zu der Stelle Cyprian, Ad Donat 7 — BKV XXXIV 46.) ↩
Einige Handschriften haben den Zusatz „propter libidinem“, was einen klareren Sinn ergibt. ↩
Jer. 3, 3. ↩
Zach. 1, 3. ↩
Jer. 18, 8. 10. ↩
