Nr. 3
Allein wir errichten ihnen keine Tempel, wir verehren derselben Bilder nicht, wir bringen keine Opfer dar, wir spenden weder Weihrauch noch Wein; und welche größere Ehre oder Würdigung können wir ihnen zutheilen, als daß wir sie auf jene Seite hinsetzen, wo auch das Haupt und den Herrn aller Dinge, den höchsten Herrscher selbst, dem die Götter sammt uns, daß sie sich fühlen und in lebenskräftiger Wesenheit bestehen, schulden? Sollen wir die Gottheit durch Erbauung von Tempeln oder durch geweihte Plätze ehren? Sollen wir Opferthiere schlachten? Sollen wir etwa irgend andere Dinge darbringen, welche zu weihen, auszugießen nicht wohlüberlegte Anordnung ist, sondern durch der Gewohnheit Sitte veranlaßt wurde? Allerdings ist es vollendete Thorheit, nach deinen Bedürfnissen das Mächtigere abzumessen und was dir von Nutzen ist, den verleihenden Göttern zu geben und solche Ehrenbezeugungen nicht für Schmach zu halten. Wir forschen also, welchen Nutzen bringen die Tempel den Göttern? oder um welcher Nothwendigkeit willen ihr sagt, sie seyen erbaut; ihr meint, man müsse sie neuerdings herstellen? Sie empfinden wohl den Winterfrost, oder versengt sie die Sommersonne, überströmen sie die Regengüsse, belästigen sie die Sturmwinde? Laufen sie vielleicht Gefahr feindliche Angriffe oder wilder Thiere wüthende Anfälle zu erleiden, daß ihnen mit Recht zukomme, durch Errichtung von Gebäuden eingeschlossen oder durch vorgeführte Mauern geschützt zu werden? Was sind nämlich diese Tempel? Befragst du die menschliche Schwachheit, ich weiß nicht welch' eine ungeheure Größe und Herrlichkeit. Bedenkst du der Götter Machtvollkommenheit, irgend eine kleine Höhle, oder, die Wahrheit zu sagen, eine höchst enge Art von Grotte, gewölbt durch eines armseligen Herzens Sinnen. Forschst du, um zu erfahren, wer wohl der erste Erbauer derselben gewesen, so wird man dir entweder Pharoneus oder den Aegypter Merops angeben, oder wie Varro von den bewunderungswürdigen Dingen überliefert, des Jupiters Sohn Aeakus. Mögen also dieselben auch entweder aus Marmormassen errichtet seyn, oder mit vergoldeten Decken glänzen; mögen hier Edelsteine funkeln und in verschiedenartiger Unähnlichkeit Sternenschimmer verbreiten: dieß Alles ist Erde und aus dem letzten Bodensatz der geringeren Materie verdichtet. Nicht aber darf man glauben, schätzt ihr das auch zu höhern Preisen, daß hierdurch die Götter erfreut werden; daß sie es weder zurückweisen noch verachten, je weniger sie sich einschließen und durch desselben Entgegenstellung zum Verweilen gezwungen werden mögen. Man sagt, dieser Tempel ist dem Mars, der der Juno und jener der Venus, dieser dem Herkules, dem Apollo, dem Dis geweiht. Heißt das S. 166 etwas Anderes als sagen, dieß Haus ist dem Mars, dieß der Venus eigen; hier wohnt Apollo, in diesem weilt Herkules, dort Summanus. Ist es demnach nicht die erste und größte Schmach zu behaupten, die Götter hätten gebunden Wohnsitze? ihnen Schoppen zu geben, Gemächer und Kapellen zu errichten, und zu glauben, diese Dinge seyen ihnen nothwendig, deren die Menschen, die Katzen, die Ameisen, Eidechsen, die flüchtigen, furchtsamen und kleinen Mäuse bedürfen?
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