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Werke Philon von Alexandria (-20-50) De Decalogo Über den Dekalog

10.

Soviel über die göttliche Stimme. Weiter könnte man mit Recht fragen, warum Gott, da doch so viele Myriaden auf einem Platze versammelt waren, jedes der zehn Worte nicht an die Menge, sondern gleichsam an einen Menschen gerichtet hat; denn er spricht: „du sollst nicht ehebrechen", „du sollst nicht töten", „du sollst nicht stehlen" (2 Mos. 20,13ff.) und das übrige ebenso. Darauf ist erstens zu erwidern, dass Moses den Lesern der heiligen Schrift eine treffliche Lehre geben will, die nämlich, dass jeder einzelne, sofern er nach dem Gesetze lebt und Gott gehorsam ist, ein ganzes zahlreiches Volk, ja noch mehr, alle Völker und, wenn man noch weiter gehen darf, sogar die ganze Welt aufwiegt (Vgl. De virtutibus § 185. In den Abot R. Nathan 31 p. 46 a (ed. Schechter) wird ein Ausspruch des R. Nehemia angeführt: „ein einziger Mensch wiegt die ganze Schöpfung auf".). Darum heisst es auch an anderer Stelle bei dem Lobe eines Gerechten: „Ich bin dein Gott" (1 Mos. 17,1), und das spricht der, der auch Gott der Welt ist, womit denn gesagt ist, dass die Untergebenen, die auf denselben Platz gestellt sind und es dem Führer in gleicher Weise recht machen, die gleiche ehrenvolle Auszeichnung erfahren. Ein zweiter Grund ist der, dass, wenn einer in der Mehrzahl wie zu einer Menge spricht, er nicht notwendig auch den einzelnen anredet beim Anordnen oder Verbieten; spricht er dagegen in der Einzahl wie zu jedem einzelnen der Beteiligten, dann hat es gleich das Ansehen, dass er alle zusammen darüber belehrt, was sie zu tun haben (Vgl. Jalkut zu 2 Mos. 20,2. Ueber die Textgestaltung dieses Satzes s. Cohn im Hermes XXXVIII S. 542.). Williger gehorchen wird auch, wer die Ermahnung als an ihn selbst gerichtet entgegennimmt; wer sie dagegen mit anderen zusammen empfängt, der verhält sich ziemlich taub dagegen und nimmt für seine Auflehnung leicht den Umstand zum Vorwand, dass sie ja an die Menge gerichtet gewesen. Der dritte Grund ist der, dass kein König oder Tyrann von Hochmut und Grössenwahn erfüllt den niedrigen Mann aus dem Volke verachten solle, sondern an die heilige Schrift als Quelle der Belehrung gehend freundlich blicke und den Stolz abtue, indem er einer annehmbaren oder vielmehr wahren Überlegung folge: wenn der Unerschaffene und Unvergängliche, der Ewige, der keines der Geschöpfe bedarf, der Schöpfer des Alls und Wohltäter, der König der Könige und der höchste Gott, auch nicht den Niedrigsten geringschätzte, vielmehr auch diesen mit heiligem Wort und heiliger Satzung gnädig speiste, und so als ob er ihn allein speisen und für ihn allein das Mahl bereiten wollte, um die mit prophetischem Geiste erfüllte Seele zu erfreuen, soweit sie die grossen Weihen empfangen darf, wie sollte es mir dem Sterblichen geziemen den Nacken hoch zu tragen, mich aufzublähen und stolz zu tun gegen meinesgleichen, Menschen ungleichen Geschickes zwar, die aber doch gleicher Abstammung mit mir sind, die alle eine Mutter haben, die allen Menschen gemeinsame Natur? Ich werde mich also, auch wenn ich Gewalt über Land und Meer erlangen sollte, zugänglich und gefällig zeigen den Ärmsten und Niedrigsten und solchen, die der Verwandtenhilfe entbehren, die beider Eltern beraubt sind, Frauen, die im Wittwenstande leben, Greisen, die Kinder entweder überhaupt nicht gehabt oder die sie gehabt früh verloren haben. Als Mensch will ich Hochmut und feierliches Gebaren, wie es Tragödienspielern eigen ist, nicht annehmen, ich will in den Schranken der Natur bleiben und diese nicht überschreiten, vielmehr meinen Geist gewöhnen menschlich zu fühlen, nicht nur wegen des unbekannten Wechsels der Geschicke, des Übergangs aus einer Lage in die andere, sowohl bei Glücklichen wie bei Unglücklichen, sondern auch weil es sich ziemt sich nicht zu vergessen, auch wenn das Glück unwandelbar und sicher bleibt. Aus diesen Gründen, scheint mir, hat Gott seine Offenbarung, indem er sie in der Einzahl verkündete, an jeden besonders richten wollen (Ähnlich Pesikta zu 2 Mos. 20,2, nur in etwas anderem den Grund suchend: Da Gott sich Israel offenbarte, sprachen sie etwa so unter einander: zu mir besonders hat die Gottheit gesprochen, und, wie daselbst weiter erklärt wird, das war nach der Fassungskraft eines jeden.).

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Über den Dekalog

Inhaltsangabe
  • Über den Dekalog
    • 1.
    • 2.
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